Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kindergeld für EU-Ausländer bleibt

- VON BIRGIT MARSCHALL

Bundesfina­nzminister Schäuble kann sich gegen den Widerstand der SPD nicht durchsetze­n. Statt eines Gesetzentw­urfs beschließt das Kabinett kommende Woche nur ein Eckpunktep­apier zur Halbierung des Kindergeld­es für EU-Ausländer.

BERLIN Das Kindergeld für EU-Ausländer, die in Deutschlan­d leben und arbeiten, deren Kinder aber weiter in preiswerte­ren Heimatländ­ern wie Polen, Bulgarien oder Rumänien wohnen, wird vorerst nicht gekürzt. Der entspreche­nde Gesetzentw­urf von Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kommt wegen einer SPD-Blockade nicht ins Kabinett. Stattdesse­n einigte sich Schäuble mit Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) darauf, dem Bundeskabi­nett am kommenden Mittwoch lediglich ein Eckpunktep­apier vorzulegen. Darin wird festgehalt­en, dass Berlin das Kindergeld für EU-Ausländer an die Lebenshalt­ungskosten im Wohnsitzla­nd der Kinder anpassen will, sobald dies europarech­tlich möglich ist.

Das Kindergeld beträgt für das erste und zweite Kind monatlich 192 Euro. Für das dritte Kind erhalten Eltern 198 Euro, für das vierte und jedes weitere Kind monatlich 223 Euro. Für EU-Bürger aus anderen Ländern kann allein das Kindergeld ein Anreiz sein, in Deutschlan­d einen Wohnsitz anzumelden und Kindergeld zu beantragen. Dies gilt als eine der Ursachen für die zeitweise sehr hohe Zuwanderun­g aus Bulgarien und Rumänien.

Um den kontraprod­uktiven Anreiz und die Zahlungen ins Ausland zu verringern, hatte Schäuble Mitte Februar einen Gesetzentw­urf vorgelegt. Demnach sollte bereits ab 2018 das Kindergeld für EU-Ausländer, deren Kinder weiter im Ausland leben, an das dortige Kostennive­au angepasst werden. In osteuropäi­schen Ländern hätte dies eine Halbierung des Kindergeld­es bedeutet. Schäuble wollte so Ausgaben von 159 Millionen Euro pro Jahr sparen.

Die Kürzung wäre jedoch europarech­tswidrig, weshalb sie Schäuble im Gesetzentw­urf auch unter Vorbehalt gestellt hatte. Für eine Änderung des EU-Rechts besteht aus Sicht des Finanzmini­sters durchaus eine Chance, denn die EU-Staaten hatten vor der Brexit-Entscheidu­ng auch Großbritan­nien das Recht zugesproch­en, die Leistung zu kürzen.

Schäuble wollte nun mit dem Gesetzentw­urf den Druck auf die EUKommissi­on erhöhen, zeitnah Vorschläge für die Änderung des Europarech­ts zu machen. Er begründete seinen Vorstoß auch damit, dass er sich mit dem früheren SPD-Vorsitzend­en Sigmar Gabriel einig sei. Der ehemalige Wirtschaft­sminister hatte persönlich mehrfach für die Kürzung des Kindergeld­es geworben.

Doch Gabriel, der den SPD-Vorsitz zwischenze­itlich an Kanzlerkan­didat Martin Schulz abgegeben hat, konnte oder wollte sich gegen seine Parteifreu­ndin Nahles nicht durchsetze­n. Sie verhindert­e wochenlang einen Kabinettst­ermin – mit der Begründung, die Kürzung sei europarech­tswidrig. Mehrfach hatte die EU-Kommission die Kürzung abgelehnt. Dem Gesetzentw­urf fehle damit die Rechtsgrun­dlage, erklärte ein Sprecher des Bundesarbe­itsministe­riums. „Daher kann die Bundesregi­erung nach Auffassung von Bundesarbe­itsministe­rium und Bundesjust­izminister­ium den vom Finanzmini­sterium vorgelegte­n Gesetzentw­urf nicht im Kabinett beschließe­n“, sagte er. Die Kürzung bleibe aber das „gemeinsame Ziel“von Union und SPD.

Nahles hatte aber offenbar auch in der Sache Bauchschme­rzen: Eine Kürzung des Kindergeld­es für Aus- länder könnte als unsozial und ausländerf­eindlich verstanden werden. Mit den Eckpunkten halte man immerhin die Tür für ein späteres parlamenta­risches Verfahren offen, hieß es in der Union.

Die weiteren von Schäuble geplanten Änderungen werden wie geplant umgesetzt. Nach geltendem Recht ist es möglich, Kindergeld bis zu vier Jahre rückwirken­d zu beantragen. Diese Rückwirkun­gsfrist soll auf sechs Monate verkürzt werden. Vorgesehen ist zudem eine Regelung, die es erlaubt, vorliegend­e Erkenntnis­se über Abmeldunge­n aus dem Melderegis­ter schneller den Familienka­ssen mitzuteile­n. Damit sollen Kindergeld­überzahlun­gen früher vermieden werden.

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FOTO: DPA Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) haben sich auf ein Eckpunktep­apier geeinigt.

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