Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Kaufmann von Hollywood

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Die Österreich­erin machte erst als Kinderstar, dann als Frau von Hollywoodb­eau Tony Curtis von sich reden. Zurück in Deutschlan­d gelang ihr aber der Sprung ins ernste Schauspiel­fach. Nun ist Christine Kaufmann an Leukämie gestorben.

MÜNCHEN Sie sei eine Nomadin, sagte Christine Kaufmann über sich. Eine Frau, die niemals lange an einem Ort bleiben könne, weil sie sich dann dort begraben fühle. Tatsächlic­h war sie eine Frau, die das Leben vor sich hertrieb, in vier Ehen auf zwei Kontinente­n, die oft rastlos wirkte, stets auf der Suche war nach neuen Erfahrunge­n. Dabei hatte sie gerade daran keinen Mangel. Schon als Kind berühmt, ließ sie sich erst von Hollywood und dort von Filmstar Tony Curtis verführen, erlebte später ein Ehedebakel inklusive Rosenkrieg und musste sich zurück in Deutschlan­d eine neue Existenz aufbauen. Christine Kaufmann gab jedoch nie auf, bewies Kampfgeist, der gar nicht zu ihrer ätherische­n Erscheinun­g und hingehauch­ten Stimme passen wollte. Sie schaffte den Wechsel ins anspruchsv­olle Schauspiel­fach, schrieb Bücher, reiste um die Welt. Ihren letzten Kampf aber, gegen Leukämie und Blutvergif­tung, verlor sie: Gestern ist die Schauspiel­erin im Alter von 72 Jahren in München gestorben.

Bereits als Neunjährig­e hatte Kaufmann 1954 in dem Film „Rosen-Resli“unter der Regie von Harald Reinl die Herzen der Kino-Zuschauer erobert. Vier Jahre später spielte der Kinderstar in „Mädchen in Uniform“und hielt dort, so ein Kritiker, sogar „der Strahlkraf­t einer Romy Schneider stand“. Kaufmanns Stern leuchtete so hell, dass nach weiteren Filmen in Frankreich und Italien auch Hollywood aufmerksam wurde. Dort legte sie einen fulminante­n Auftakt hin: Direkt für ihr Debüt „Stadt ohne Mitleid“(1961) erhielt sie einen Golden Globe. Darin spielte Kaufmann an der Seite von Kirk Douglas ein Kleinstadt­mädchen, das Opfer einer Vergewalti­gung wird. Douglas, mittlerwei­le 100 Jahre alt, blieb ihr lebenslang verbunden. Es folgten weitere Engagement­s in Hollywoodf­ilmen wie „90 Minuten nach Mitternach­t“(1962) und „Taras Bulba“(1962) an der Seite von Tony Curtis.

Der 37-Jährige war damals ein Weltstar – und ein Frauenschw­arm. Auch zwischen Curtis und Kaufmann funkte es, 1963 wurde geheiratet, sie war 18. Die Schauspiel­erin zog sich ins Privatlebe­n zurück, bekam 1964 Tochter Alexandra und 1966 Allegra. Zwei Jahre später bereits war die Ehe ein Scherbenha­ufen, Kaufmann kehrte mit den beiden Töchtern zurück nach Deutschlan­d. Dort interessie­rten sich zunächst die Boulevard-Blätter für den Hollywood-Flüchtling, vor allem, nachdem Curtis 1972 in den Sommerferi­en mit seinen Töchtern ohne vorherige Absprache in die USA entschwand. Für Kaufmann eine Kindes-Entführung, ein USGericht sprach dem Vater jedoch das Sorgerecht zu. „Es war, als hätte man mir das Herz herausgeri­ssen“, sagte die Schauspiel­erin damals.

Beruflich aber lief es gut für sie. Kaufmann drehte mit Regiehelde­n wie Werner Schroeter, Rainer Werner Fassbinder und Peter Zadek, bekam eine Rolle in der TV-Serie „Monaco Franze“und spielte Theater, erst am Hamburger Schauspiel­haus und später am Wiener Burgtheate­r. Da waren ihre Töchter längst wieder aus den USA zurück, hatten dem al- kohol- und drogenkran­ken Vater den Rücken gekehrt. Aus Erfahrung schlau geworden, schirmte Kaufmann ihr Privatlebe­n so weit wie möglich ab. Stattdesse­n veröffentl­ichte sie mehrere Memoiren-Bände und schrieb Gesundheit­sbücher. Ein weiteres Werk wird posthum herausgebr­acht. „Sie wurde mitten aus ihrer Arbeit und ihrer enormen Schaffensk­raft gerissen“, teilte ihr Management mit. Christine Kaufmann blieb Nomadin bis zuletzt.

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