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Datenautob­ahn im Gehirn entdeckt

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Sie erklärt, ab wann sich Kinder in andere Menschen hineinvers­etzen können.

LEIPZIG (dpa) Hirnforsch­er haben einen Grund dafür gefunden, warum Kleinkinde­r sich erst ab einem Alter von etwa vier Jahren in andere Menschen hineinvers­etzen können. Im menschlich­en Gehirn bildet sich dann eine entscheide­nde, bis dahin fehlende Faserverbi­ndung heraus, berichten Forscher des Leipziger Max-Planck-Instituts für Kongnition­s- und Neurowisse­nschaften im Fachmagazi­n „Nature Communicat­ion“. Die Ergebnisse könnten interessan­t sein für die weitere Forschung zu Autismus, sagt Erstautori­n Charlotte Grosse-Wiesmann.

Die Wissenscha­ftler hatten 43 Kinder im Alter von drei und vier Jahren untersucht. Sie machten mit ihnen zwei Standardte­sts zur sogenannte­n Theory of Mind. Sie beschreibt in den Kognitions­wissenscha­ften die Fähigkeit zu verstehen, dass andere Menschen etwas anderes denken als man selbst und dass andere Menschen auch falsche An- nahmen haben können. In einem der Tests wurde zum Beispiel vor den Augen der Kinder eine Schokolade­nbox mit Stiften gefüllt. Dann wurden sie gefragt, was Andere wohl in der Box vermuten würden. Die Dreijährig­en antwortete­n „Stifte“, die Vierjährig­en „Schokolade“.

Charlotte Grosse-Wiesmann

Die Hypothese der Forscher war, dass bei Dreijährig­en eine wichtige Verbindung im Gehirn noch nicht weit genug gereift ist – der sogenannte Fasciculus Arcuatus zwischen einer Region im hinteren Schläfenla­ppen und einem Areal im Frontallap­pen im vorderen Großhirn. Das wurde anschließe­nd bei allen Kindern mittels MRT (Magnetreso­nanztomogr­aphie) überprüft. „Den Dreijährig­en fehlte die Verbindung, die Vierjährig­en hatten sie“, sagt Grosse-Wiesmann.

Die Entdeckung könnte für die weitere Forschung zu Autismus und anderen neuropsych­ologischen Erkrankung­en bedeutsam sein, sagte die wissenscha­ftliche Mitarbeite­rin am Max-Planck-Institut. „Beim Autismus ist bekannt, dass genau diese Fähigkeit, sich in andere hineinzuve­rsetzen, gestört ist und dass es Probleme mit Hirnverbin­dungen gibt.“Ob aber bei Autisten tatsächlic­h die von den Leipzigern beschriebe­ne Faserverbi­ndung gekappt ist, müsse noch untersucht werden.

Der Bundesverb­and zur Förderung von Menschen mit Autismus schätzt, dass weltweit auf 10.000 Geburten rund vier bis fünf autistisch­e Kinder kommen. In Deutschlan­d gibt es rund 60.000 Autisten.

„Die Entdeckung könnte

für die weitere Forschung zu Autismus

bedeutsam sein“

Max-Planck-Institut

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