Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Frank Elstner über Nachahmer im TV, seine Laster und seine Harmoniesucht.
Seite D 10
Die Bundeskanzlerin präsentierte sich im Angriffsmodus, ballte fast in jedem Satz ihrer Rede die Faust. In ihrer Partei hatte es zuvor Kritik gegeben, weil sie dem Höhenflug von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz über Wochen nichts entgegengesetzt hätte. Mit dem angriffslustigen Auftritt in Münster neben CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet versuchte sie, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen. Zugleich nutzte sie den Rückenwind durch das erfolgreiche Wahlergebnis im Saarland.
Merkel warf NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) schwere Versäumnisse im Umgang mit dem späteren Terroristen Anis Amri und fehlende Lehren aus der Kölner Silvesternacht vor. Jäger habe „das gesamte Klima in Deutschland gegenüber Flüchtlingen verändert“, rief Merkel. „Zig Bundesländer“hätten die innere Sicherheit besser im Griff.
Rot-Grün in NRW sei zudem für eine desolate Finanzpolitik verantwortlich: „Trotz der guten Rahmenbedingungen will NRW 1,7 Milliarden Euro neue Schulden machen – das ist mehr als alle anderen Bundesländer zusammen planen.“Wer dauernd neue Schulden mache, „versündigt sich genau an denen, die er nicht zurücklassen will“– eine Anspielung auf Krafts zentrales Regierungsversprechen von 2010, das lautete: „Kein Kind zurücklassen“. Das Bildungssystem sei unter der grünen Schulministerin Sylvia Löhrmann geschwächt worden, sagte Merkel. Staus in NRW seien „länger als von hier bis zum Mond“.
Ohne ihn namentlich zu nennen, griff Merkel auch ihren Rivalen Schulz an: „Sie reden von Gerechtigkeit, aber vergessen, dass Gerechtigkeit ohne Innovation nicht klappt.“Statt die Bedingungen für Arbeitslose zu verbessern, solle die SPD lieber „Menschen in Arbeit bringen und halten“.
CDU-Bundespolitiker reagierten zufrieden auf Merkels Auftritt. „Die in Münster versammelten CDUMitglieder waren sichtlich erfreut von der Angriffslust der Kanzlerin“, sagte Günter Krings, Chef der NRWLandesgruppe der Unionsabgeordneten im Bundestag.
Merkel beschränke sich beim Thema soziale Gerechtigkeit auf „Sonntagsreden“, konterte SPDChef Schulz gestern auf dem Essener SPD-Parteitag. Wenn Kraft die Wahl in NRW gewinne, verheiße das auch: „Die SPD wird die stärkste Kraft in Deutschland, und ich werde Bundeskanzler“, rief er.
Auch Kraft griff Merkel an. Wenn die Kanzlerin die schlechte Investitionsquote kritisiere, dann wisse sie wohl nicht, dass die Hauptträger der Investitionen die häufig verschuldeten Kommunen seien. Die NRWCDU habe kaum eigene Konzepte zu bieten. Stattdessen habe sie bei den Themen Studiengebühren, Internetminister und Nichtraucherschutz einstige Positionen aufgegeben. „So eine Wackeldackel-Truppe darf unser Land nicht regieren.“
Die FDP schloss auf ihrem Parteitag in Hamm eine Koalition mit SPD und Grünen kategorisch aus. Die Delegierten stimmten dem entsprechenden Antrag zu. Im Bund dagegen zeigten sich führende FDP-Politiker offen für ein Ampel-Bündnis. Leitartikel Politik