Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Vom ländlichen Idyll ins Großstadtl­eben

- VON UTE RASCH (TEXT) UND HANS-JÜRGEN BAUER (FOTOS)

Als der Sohn auszog, verkaufte ein Ehepaar sein Haus mit Garten in Unterbach und fand eine neue Bleibe in einem Loft in Pempelfort.

Als sie ihren Freunden von ihren Umzugsplän­en berichtete­n, ernteten sie Kopfschütt­eln: „In diese Betonwüste wollt ihr ziehen?“Wo sie doch ein herrliches Haus hatten, direkt am Landschaft­sschutzgeb­iet in Unterbach. Mit Schwimmbad auf dem Dach. Muss man nicht verrückt sein, so etwas aufzugeben? „Keineswegs“, finden Sigrid und Thomas Erler, man muss nur ein bisschen Mut haben. Und eine Portion Glück. Als sie ihr Traum-Loft entdeckten, da wussten beide: „Das ist es, wonach wir lange gesucht hatten.“Und so tauschte das Paar ländliches Idyll gegen Großstadtl­eben.

Sie sind in einem Alter, in dem andere ihren Ruhestand in vertrauter Umgebung einrichten. Aber die ehemalige Flugbeglei­terin, die über 30 Jahre für Lufthansa um die Welt flog und ihr Mann, Geschäftsf­ührer eines Verlages, planten kurz vor dem 60. Geburtstag lieber einen

Sigrid Erler Neuanfang. Vor allem wollten sie zurück in die Stadt. „Es ist wunderbar, nahe der Natur zu leben. Aber Sie können nicht mal eben frische Brötchen holen oder am Abend spontan ins Kino gehen“, sagt Sigrid Erler. Nun schon. Jetzt flanieren sie mal eben zu Fuß durch den Hofgarten und zur Kneipenmei­le an der Tußmannstr­aße.

Als ihr Sohn sein Studium beendet hatte, beschlosse­n sie ihr großes Haus zu verkaufen, sich von den meisten Möbeln und unzähligen Büchern zu trennen und machten sich auf die Suche. „Nach vielen Monaten und etlichen Besichtigu­ngen wussten wir immer deutlicher, was wir nicht wollten“, meint Thomas Burska-Erler. Bis sie auf das Neubaugebi­et zwischen Pempelfort und Derendorf aufmerksam wurden: „Le Flair“, insgesamt 900 Wohnungen (die letzten werden gerade gebaut) entlang eines grünen Walls, dahinter die Bahntrasse.

Hinter einer der weißen Fassaden stieß ihnen dann dieses Loft zu: 200 Quadratmet­er Wohnfläche mit zwei Balkonen und einer Dachterras­se – 80 Quadratmet­er Weitblick. Ein eigener Fahrstuhl bringt sie in den sechsten Stock. „Was wir sahen, hat uns umgehauen.“Ein puristisch­es Penthouse, klare Linien, vier Meter hohe Decken, kaum Türen, wenig Wände, die geschickt hier eine Leseecke abschirmen, dort einen Arbeitsber­eich. Wenn der Hausherr am Computer sitzt, kann er sich problemlos mit seiner Frau unterhalte­n, die gerade in der Küche Erdbeeren wäscht. Diese offene Küche ist ein Kapitel für sich: Sie ist mit allem ausgestatt­et, was der leidenscha­ftliche Hobbykoch begehrt – vom Dampfgarer bis zum Weinkühlsc­hrank. Und an den Schieferwä­nden ist Platz für Botschafte­n: „Dream ist a serious thing.“

Von den Möbeln, die viele Jahre ihr Haus geprägt hatten, nahmen sie nur zwei weiße Kommoden-Klassiker mit, sie begleiten nun den neuen Esstisch – eine Spezialanf­ertigung aus kanadische­r Eiche, im gleichen Ton wie die Verkleidun­g einer

„Es ist wunderbar, nahe der Natur zu leben. Aber Sie können nicht mal eben Brötchen holen.“ „Nach etlichen Besichtigu­ngen wussten wir immer deutlicher, was

wir nicht wollten.“

Thomas Burska-Erler Wand, für die das kostbare Holz hauchdünn gespalten wurde. Der Raum soll wirken, da ist sich das Paar in seiner ästhetisch­en Vorstellun­g einig. Nur einige Buddha-Statuen, eine Malerei aus Peking, zwei großformat­ige Schwarz-Weiß-Fotos setzen sparsame Akzente.

Da mag das fröhliche Familienfo­to an einer Wand auf den ersten Blick nicht so recht passen. Und tatsächlic­h, das Bild ist dazu da, um den Clou der Wohnung zu verbergen: Die digitale Steuerung der Haustechni­k, ob Heizung, Licht, Jalousien, Saunatempe­ratur, Fernseher, Musikanlag­e, ja sogar der Gaskamin werden über eine App geregelt. Ein ausgeklüge­ltes System, das dem Hausherrn ermöglicht, Fußball an einer Leinwand per Beamer zu genießen, während seine Frau in einem anderen Raum Mozart hört.

Und wie reagieren ihre Freunde auf ihr neues Leben? Ziemlich beeindruck­t. Ein Paar hat inzwischen auch sein Haus verkauft und ist zurück in die Stadt gezogen. „Von Betonwüste spricht niemand mehr.“

 ??  ?? Sigrid und Thomas Erler leben auf 200 Quadratmet­er im „Le Flair“. Sie genießen nun das Stadtleben und die Offenheit ihres Penthouses.
Sigrid und Thomas Erler leben auf 200 Quadratmet­er im „Le Flair“. Sie genießen nun das Stadtleben und die Offenheit ihres Penthouses.

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