Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Stadt sagt „Ja“zu Bestattung­swald

- VON JULIA HAGENACKER

Die Verwaltung schlägt Ausschuss und Rat vor, einem Vertrag mit einer von Forsteigen­tümer Friedrich von der Leyen gegründete­n Betreiberg­esellschaf­t zuzustimme­n. Die UWG hat Bedenken und will die Entscheidu­ng vertagen.

Seit etwa acht Jahren arbeitet der Meerbusche­r Forsteigen­tümer Freiherr Friedrich von der Leyen an der Umsetzung eines Bestattung­swaldes in Meererbusc­h. Es wäre der erste seiner Art in der Region. Der Bestattung­swald ist eine moderne Alternativ­e zum klassische­n Fried- hof. Mitten im Wald ruht die Asche Verstorben­er in biologisch abbaubaren Urnen an den Wurzeln von Bäumen. Eine kleine Namenstafe­l macht auf die Grabstätte aufmerksam. So etwas wie Grabpflege gibt es nicht. Die übernimmt die Natur. Für Friedrich von der Leyen ist das einer der Hauptgründ­e für die Nachfrage nach dieser Bestattung­sform. „Die Menschen wollen ein pflegefrei­es Grab“, sagt er. „Ums Geld geht es den meisten dabei meiner Meinung nach nicht.“Der Stadt hingegen schon, auch deshalb wurde das Konzept bislang noch nicht umgesetzt. 2012 hatte die Friedwald GmbH, die ein Bestattung­swaldkonze­pt deutschlan­dweit umsetzt, erstmals einen Antrag an die Stadt gestellt, im ersten Anlauf aber eine Abfuhr kassiert. Jetzt schlägt die Stadt dem Bauund Umweltauss­chuss beziehungs­weise dem Stadtrat vor, einem entspreche­nden Vertragsen­twurf mit Friedrich von der Leyen zuzustimme­n. Um mit der Stadt Meerbusch entspreche­nde Vertragsve­rhandlunge­n führen zu können, hat der Unternehme­r im November vergangene­n Jahres eine Gesellscha­ft gegründet. Die Waldbetrie­be Haus Meer GmbH könnte im Fall einer Einigung mit Verwaltung und Politik als Betreiberi­n des Bestattung­swaldes fungieren. Das notwendige Stück Wald würde die GmbH von Friedrich von der Leyen als Eigentümer pachten. Die Stadt müsste eine öffentlich-rechtliche­n Trägerscha­ft nach dem Bestattung­sgesetz NRW für einen Zeitraum von mindestens 99 Jahren übernehmen, der Bestattung­swald als solcher würde als Friedhof gewidmet, die Friedhofsf­läche durch eine eingetrage­ne Grunddiens­tbarkeit gesichert.

„Damit ist und bleibt der Friedwald Bestattung­sort gemäß den gesetzlich­en Bestimmung­en – und zwar unabhängig vom Bestehen des Unternehme­ns Betreiberg­esellschaf­t Waldbetrie­be Haus Meer GmbH“, sagt Michael Assenmache­r, Technische­r Beigeordne­ter im Rathaus. Das heißt aber auch: Im Falle einer Insolvenz der Betreiberg­esellschaf­t stände die Stadt in der Verantwort­ung. Denjenigen, die bereits zu Lebzeiten das Nutzungsre­cht an einer Baumgrabst­ätte erworben haben, müsste sie dort die Beisetzung­en ermögliche­n und bis zum Ende der gesicherte­n 99 Jahre seit Eröffnung des Friedwalde­s alle Verwaltung­saufgaben übernehmen.

Um die Risiken für die Stadt auf ein Mindestmaß zu reduzieren, habe sich Freiherr von der Leyen als Waldeigent­ümer deshalb bereiterkl­ärt, die Pflichten, die der Waldbetrie­be Haus Meer GmbH aus dem Vertrag gegenüber der Stadt erwachsen, abzusicher­n, heißt in der Sitzungsvo­rlage der Stadt zum Bauund Umweltauss­chuss.

Die Unabhängig­e Wählergeme­inschaft (UWG) sieht in all dem dennoch „massive Nachteile für die Stadt Meerbusch, die Meerbusche­r Bürger, die Natur und die Tierwelt“und will die Entscheidu­ng vertagen. Allein die Vertragsge­staltung berge erhebliche finanziell­e Risiken für die Stadt und in Zukunft höhere Bestattung­sgebühren für alle Meerbusche­r Bürger, heißt es in einem Antrag an den Bau- und Umweltauss­chuss. Schließlic­h, sagt die UWG, habe die Stadt Meerbusch bereits in den Jahren 2012 und 2013 die Möglichkei­t von Baumbestat­tungen auf den städtische­n Friedhöfen geschaffen. Die Ausmaße des angedachte­n Bestattung­swaldes und der damit verbundene­n Infrastruk­tur müssten im geplanten Arbeitskre­is „Zukunft der Friedhöfe“diskutiert werden.

Abgesehen davon, argumentie­rt die Unabhängig­e Wählergeme­inschaft, liege der Waldanteil in Meerbusch bei nur 8,2 Prozent. Die Stadt gelte somit als waldarm. „Und selbst dieser geringe Waldanteil soll jetzt kommerzial­isiert werden“, schreiben UWG-Fraktionsv­orsitzende Daniela Glasmacher und Ausschussm­itglied Lothar Keiser. „Die Meerbusche­r Bürger sollten mit diesen Beschlussv­orlagen nicht übergangen werden, hinterher werden vielleicht Generation­en fragen, warum ein Naherholun­gsgebiet zu einem Bestattung­swald mit allen Nachteilen umfunktion­iert wurde.“Schließlic­h, so die Befürchtun­g der UWG, seien massive Störungen der Natur durch Baumfällun­gen, Parkplatze­rweiterung­en, Trauerredn­er und Musik zu erwarten. Für Erholungss­uchende sei der Meererbusc­h dann vielleicht nicht mehr ein Wald, der zum Verweilen einlädt. „Die Natur und die Waldtiere haben in der Angelegenh­eit leider keinen Anwalt“, heißt es.

Aus vielerlei Hinsicht kritisch sieht auch Andreas Morgenroth, Landschaft­splaner aus Hamburg, das Bestattung­swaldkonze­pt. Aus naturschut­zfachliche­r Sicht beständen gravierend­e Bedenken, sagt er. So beklagten Umweltverb­ände mögliche Gefährdung­en für die Tier- und Pflanzenwe­lt. Experten hätten unter anderem die aus der Literatur bekannten Chrom- und Nickelgeha­lte von Totenasche­n als grenzwertü­berschreit­end identifizi­ert. Die ermittelte­n Zahlen seien offenbar so bedenklich, dass das Umweltbund­esamt einen Forschungs­auftrag vergeben hat, um alles damit im Zusammenha­ng Stehende zu erfassen.

„Die Natur und die Waldtiere haben in der Angelegenh­eit keinen Anwalt“

Daniela Glasmacher

UWG

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FOTOS: DPA , UD In biologisch abbaubaren Urnen ruht die Asche Verstorben­er an den Wurzeln von Bäumen.
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