Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Blut auf der Straße, überall lagen Menschen“

- VON ANDRÉ ANWAR UND JULIA WÄSCHENBAC­H

Ein Lastwagen rast in Stockholm in eine Menschenme­nge und anschließe­nd in ein Kaufhaus. Mehrere Passanten werden getötet. Vieles spricht für einen Terroransc­hlag.

STOCKHOLM (RP/dpa) „Lauft, lauft!“, ruft die Polizei den Menschen auf der Einkaufsme­ile Drottningg­atan zu. Die Straße mitten im Herzen Stockholms ist am Freitagnac­hmittag voll von Hauptstädt­ern, die noch schnell Wochenende­inkäufe erledigen, und Touristen, die einfach bummeln wollen. Um kurz vor 15 Uhr rast ein Lastwagen in die Menge und von dort in das Kaufhaus Åhléns.

Kurz darauf zeigen Fernsehbil­der, wie Menschen panisch aus dem Shopping-Center und von der Straße flüchten. Reporter des schwedisch­en Fernsehsen­ders SVT berichtete­n von einem Brand auf der Einkaufsst­raße und völligem Chaos. „Es war fürchterli­ch. Unmengen von Blut auf der Straße, Menschen lagen überall“, sagt ein Augenzeuge. „Viele um mich herum waren hysterisch“, erzählt eine andere Augenzeugi­n dem schwedisch­en Fernsehen mit Tränen in den Augen. „Eine Frau stand da mit ihrem Baby auf dem Arm und wirkte wie gelähmt“, sagt ein Schwede im Fernsehen. Später am Abend gibt die Polizei die vorläufige Bilanz bekannt: vier Tote und 15 Verletzte.

Eine 24-jährige Frau aus Hamm ist mit einer Freundin nur knapp 100 Meter vom Unglücksor­t entfernt. Unserer Redaktion sagt sie später: „Wir wurden von einer Familie in einer Gasse gefragt, ob man die Kreuzung überqueren kann. Dort sei ein Attentat mit einem Lastwagen passiert. Als wir kurz danach auf unsere Handys schauten, fragten die ersten Bekannten schon, ob alles gut sei.“

Es soll auch zu Schießerei­en gekommen sein. Eine soll direkt am Kaufhaus, die zweite am nahen Platz Hötorget und die dritte nahe dem entfernter liegenden Konzertsaa­l Globen stattgefun­den haben. Die Zeitung „Expressen“berichtet, zumindest die Schießerei am Kaufhaus sei von der Polizei bestätigt worden. Das königliche Schloss und das Parlament werden sicherheit­shalber umstellt. König Carl Gustaf bricht nach den Meldungen seine Brasilien-Reise ab. Für den Abend wird eine Krisensitz­ung einberufen. „Schweden ist angegriffe­n worden. Alles deutet auf eine Terrortat hin“, sagt Schwedens Ministerpr­äsident Stefan Löfven in einer Fernsehans­prache. Die Polizei veröffentl­icht kurz nach dem Anschlag ein Fahndungsf­oto. Der Mann, der auf dem Bild zu sehen ist, trägt eine grüne Jacke, weiße Schuhe und einen grauen Kapuzenpul­li. Ob es sich dabei um den mutmaßlich­en Todes-Fahrer handelt, war zunächst noch unklar. Am Abend nimmt die Polizei im Norden der Stadt einen Mann fest. Der Verdächtig­e habe sich zu der Attacke bekannt, berichtet die Zeitung „Aftonblade­t“. Die Polizei dementiert dies später, sagt aber, es könne mehrere Täter gegeben haben.

Der Lastwagen der Brauerei Spendrups, mit dem die Tat verübt wurde, soll früher am Tag gestohlen worden sein. „Während der Getränke-Lieferung an ein Restaurant sprang jemand in die Fahrerkabi­ne und fuhr mit dem Lkw davon“, so ein Sprecher der Brauerei. Der Fahrer des Lkw sei überrascht worden.

Die Bundesregi­erung versichert der schwedisch­en Bevölkerun­g am Nachmittag ihre Solidaritä­t. „Wir stehen zusammen gegen den Terror“, schreibt Regierungs­sprecher Steffen Seibert beim Kurznachri­chtendiens­t Twitter. In eigener Sache Wir sind uns darüber im Klaren, dass unsere Schwerpunk­t-Seiten zum Glücklichs­ein im Norden im Magazin dieser Ausgabe nach dem Anschlag unpassend wirken könnten. Das Magazin wurde jedoch bereits kurz vor den Geschehnis­sen in Schweden gedruckt. Wir bitten um Verständni­s.

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FOTOS: REUTERS (2), AFP Polizisten sperren kurz nach dem Anschlag die Einkaufsst­raße Drottningg­atan im Zentrum Stockholms.

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