Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Blut auf der Straße, überall lagen Menschen“
Ein Lastwagen rast in Stockholm in eine Menschenmenge und anschließend in ein Kaufhaus. Mehrere Passanten werden getötet. Vieles spricht für einen Terroranschlag.
STOCKHOLM (RP/dpa) „Lauft, lauft!“, ruft die Polizei den Menschen auf der Einkaufsmeile Drottninggatan zu. Die Straße mitten im Herzen Stockholms ist am Freitagnachmittag voll von Hauptstädtern, die noch schnell Wochenendeinkäufe erledigen, und Touristen, die einfach bummeln wollen. Um kurz vor 15 Uhr rast ein Lastwagen in die Menge und von dort in das Kaufhaus Åhléns.
Kurz darauf zeigen Fernsehbilder, wie Menschen panisch aus dem Shopping-Center und von der Straße flüchten. Reporter des schwedischen Fernsehsenders SVT berichteten von einem Brand auf der Einkaufsstraße und völligem Chaos. „Es war fürchterlich. Unmengen von Blut auf der Straße, Menschen lagen überall“, sagt ein Augenzeuge. „Viele um mich herum waren hysterisch“, erzählt eine andere Augenzeugin dem schwedischen Fernsehen mit Tränen in den Augen. „Eine Frau stand da mit ihrem Baby auf dem Arm und wirkte wie gelähmt“, sagt ein Schwede im Fernsehen. Später am Abend gibt die Polizei die vorläufige Bilanz bekannt: vier Tote und 15 Verletzte.
Eine 24-jährige Frau aus Hamm ist mit einer Freundin nur knapp 100 Meter vom Unglücksort entfernt. Unserer Redaktion sagt sie später: „Wir wurden von einer Familie in einer Gasse gefragt, ob man die Kreuzung überqueren kann. Dort sei ein Attentat mit einem Lastwagen passiert. Als wir kurz danach auf unsere Handys schauten, fragten die ersten Bekannten schon, ob alles gut sei.“
Es soll auch zu Schießereien gekommen sein. Eine soll direkt am Kaufhaus, die zweite am nahen Platz Hötorget und die dritte nahe dem entfernter liegenden Konzertsaal Globen stattgefunden haben. Die Zeitung „Expressen“berichtet, zumindest die Schießerei am Kaufhaus sei von der Polizei bestätigt worden. Das königliche Schloss und das Parlament werden sicherheitshalber umstellt. König Carl Gustaf bricht nach den Meldungen seine Brasilien-Reise ab. Für den Abend wird eine Krisensitzung einberufen. „Schweden ist angegriffen worden. Alles deutet auf eine Terrortat hin“, sagt Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven in einer Fernsehansprache. Die Polizei veröffentlicht kurz nach dem Anschlag ein Fahndungsfoto. Der Mann, der auf dem Bild zu sehen ist, trägt eine grüne Jacke, weiße Schuhe und einen grauen Kapuzenpulli. Ob es sich dabei um den mutmaßlichen Todes-Fahrer handelt, war zunächst noch unklar. Am Abend nimmt die Polizei im Norden der Stadt einen Mann fest. Der Verdächtige habe sich zu der Attacke bekannt, berichtet die Zeitung „Aftonbladet“. Die Polizei dementiert dies später, sagt aber, es könne mehrere Täter gegeben haben.
Der Lastwagen der Brauerei Spendrups, mit dem die Tat verübt wurde, soll früher am Tag gestohlen worden sein. „Während der Getränke-Lieferung an ein Restaurant sprang jemand in die Fahrerkabine und fuhr mit dem Lkw davon“, so ein Sprecher der Brauerei. Der Fahrer des Lkw sei überrascht worden.
Die Bundesregierung versichert der schwedischen Bevölkerung am Nachmittag ihre Solidarität. „Wir stehen zusammen gegen den Terror“, schreibt Regierungssprecher Steffen Seibert beim Kurznachrichtendienst Twitter. In eigener Sache Wir sind uns darüber im Klaren, dass unsere Schwerpunkt-Seiten zum Glücklichsein im Norden im Magazin dieser Ausgabe nach dem Anschlag unpassend wirken könnten. Das Magazin wurde jedoch bereits kurz vor den Geschehnissen in Schweden gedruckt. Wir bitten um Verständnis.