Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Athen darf auf neue Milliarden hoffen

- VON MARTIN KESSLER

Die Euro-Gruppe hat sich im Grundsatz darauf verständig­t, bei weiteren griechisch­en Reformschr­itten neue Kredite zu billigen. Auch der IWF hat Zustimmung zu dem jetzt gefundenen Ergebnis signalisie­rt.

VALETTA/ATHEN Es ist noch einmal gut gegangen für Griechenla­nd. Die Finanzmini­ster der Euro-Gruppe haben im Grundsatz die Mittel aus dem dritten Hilfspaket für das überschuld­ete Land freigegebe­n. Dafür muss Athen in den Jahren 2019 und 2020 weitere Reformschr­itte unternehme­n. „Die großen Brocken sind jetzt geklärt“, sagte Eurogruppe­nchef Jeroen Dijsselblo­em auf Malta, wo die Ressortche­fs zwei Tage lang beraten. Zwar warten noch einige Hürden. Doch auch Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble meinte: „Der größte Teil der Wegstrecke ist zurückgele­gt.“

Das ist auch bitter nötig. Denn Anfang Juli muss Griechenla­nd 7,4 Milliarden Euro vor allem an die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) zurückzahl­en. Dafür braucht das Land neue Kredite aus dem Euro-Rettungssc­hirm ESM. Im Gegenzug hat Athen Sparmaßnah­men in Höhe von zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (3,6 Milliarden Euro) zuge- sagt. Die Hälfte davon soll durch Einschnitt­e bei den Renten 2019, die andere durch eine Senkung des Steuerfrei­betrags 2020 erzielt werden. Die endgültige Entscheidu­ng über das Reformprog­ramm will die Eurogruppe am 22. Mai treffen.

Die deutsche Seite wird zudem nur zustimmen, wenn sich der IWF erstmals seit 2015, als das dritte Hilfspaket beschlosse­n wurde, wieder an den Zahlungen beteiligt. Das könnte diesmal der Fall sein. „Es hat in den vergangene­n Wochen wichti- ge Fortschrit­te gegeben“, sagte IWFSpreche­r Gerry Rice. Doch noch immer seien einige Fragen offen. Eine Lösung erwartet der IWF bei der nächsten Mission der Kreditgebe­r in Athen – neben dem Währungsfo­nds sind das die EZB, der ESM und die EU-Kommission. Da der IWF auf Schuldener­leichterun­gen für Griechenla­nd drängt, müsse es nach der Mission weitere Gespräche mit der Eurogruppe über eine Entlastung für das Land geben.

Tatsächlic­h hat sich die Wirtschaft­slage im Land wieder verschlech­tert. Statt eines Wachstums von 2,5 Prozent erwartet die griechisch­e Notenbank nur noch ein Plus von 1,5 Prozent. Auch die Arbeitslos­igkeit ist im März wieder auf 23,5 Prozent (Januar: 23,2 Prozent) gestiegen. Besonders deprimiere­nd für das Land ist, dass nur noch jeder zweite Bewohner einen Arbeitspla­tz hat. Gleichzeit­ig ist das Pro-KopfEinkom­men seit 2008 um rund ein Fünftel eingebroch­en. Das Land befindet sich seit acht Jahren in der Rezession und hat 2017 erstmals die Chance auf einen bescheiden­en Zuwachs.

Zwischen dem IWF und den europäisch­en Geldgebern tobte ein Streit, ob die Rosskur dem Land nicht schadet. Denn Athen muss nach Abzug der Zinslasten EtatÜbersc­hüsse erzielen, um Geld aus dem Rettungsfo­nds zu bekommen. Der IWF hatte darauf gedrängt, die Reformen zu strecken und Schuldener­leichterun­gen in Aussicht zu stellen. Das hatten die nördlichen Länder der Eurogruppe mit Blick auf ihre Steuerzahl­er abgelehnt.

Umgekehrt sind die Haushalte in Griechenla­nd hoch verschulde­t. 40 Prozent der Stromkunde­n können ihre Rechnungen nicht begleichen. Viele Hausbesitz­er haben ihr Eigentum durch Zwangsvers­teigerung verloren. Mittelstän­dische Unternehme­r räumen ihre Konten und bringen ihr Geld ins Ausland. Die Kapitalflu­cht hat in den ersten Monaten 2017 wieder eingesetzt. 300.000 junge Griechen haben das Land verlassen. Und das geht auf Dauer nicht gut für Griechenla­nd.

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FOTO: DPA Europa-Fahne vor dem Parlament in Athen

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