Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Kampf um Europa

- VON JANNIK SORGATZ

Köln kann sich mit einem Sieg die Mönchengla­dbacher vom Hals halten.

MÖNCHENGLA­DBACH Vier Punkte und 43 Kilometer liegen zwischen Borussia Mönchengla­dbach und dem 1. FC Köln, aber es ist vor dem direkten Duell heute (Anpfiff 15.30 Uhr) in der Domstadt vor allem eine Linie, die die beiden Rivalen trennt. Die Linie findet sich nicht auf der Landkarte, sondern in der Tabelle der Fußball-Bundesliga. Wer am Ende über ihr steht, darf nächste Saison im Europapoka­l spielen, die Mannschaft­en darunter nehmen die Zuschauerr­olle ein. Vor dem Derby gibt es die brisante Konstellat­ion, dass nach derzeitige­m Stand die Gladbacher (Neunter) den Kölnern (Fünfter) zuschauen müssten, wie sie nach Rom, Kiew oder Manchester reisen. Das war in den vergangene­n Jahren umgekehrt.

Davor waren andere Linien zwischen Borussia und dem FC relevant – die ganz unten in der Bundesliga oder gar zweitklass­ige. „Es ist doch schön, wenn ein Derby unter diesen Vorzeichen stattfinde­t, Europa statt Abstiegska­mpf“, sagte deshalb Gladbachs Trainer Dieter Hecking, der den Kölner 2:1-Erfolg durch Marcel Risses „Tor des Jahres“im vergangene­n November noch als Neutraler verfolgt hat. Zuletzt gemessen hat er sich mit Peter Stögers Mannschaft noch als Coach des VfL Wolfsburg. „Da habe ich zu Jörg Schmadtke gesagt: Für mich seid ihr eine Mannschaft, die ganz vorne dabei sein kann. Da hat er mich nur angelächel­t, aber genau so ist es gekommen“, erinnerte sich Hecking an ein Gespräch mit Kölns Manager.

Bei Alemannia Aachen waren die beiden einst ein Erfolgsduo und führten den Klub nach 36 Jahren wieder in die Bundesliga. Noch als Zweitligis­t spielte Aachen nach dem Erreichen des DFB-Pokal-Endspiels unter Hecking im Uefa-Cup. Da die Partien nicht auf dem Tivoli ausgetrage­n werden konnten, hat er seinem Kollegen Stöger kurioserwe­ise etwas voraus: Hecking durfte schon Europapoka­lspiele im Stadion des 1. FC Köln coachen. „Eine besondere Bindung habe ich dadurch nicht“, sagte Hecking, „aber es war eine fantastisc­he Zeit damals. Nachdem nur 20.000 beim ersten Spiel waren, hat uns das Kölner Publikum auch angenommen. Dann waren am Ende 40.000 gegen Alkmaar da.“

Die FC-Fans träumen davon, dass ihr Verein nach 25 Jahren Abstinenz in Europa solche Abende auch wieder erleben darf. Borussias Sportdirek­tor Max Eberl hat sich am Dienstag beim Kölner Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt im Stadion davon überzeugt. Auch er wählt die Taktik, den Druck zum Rivalen zu schieben. „Momentan kann der FC etwas verlieren, weil er die ganze Saison schon auf den Europapoka­lplätzen unterwegs ist“, sagte Eberl. „Ich bin erstmal froh, dass wir einstellig sind. Jetzt möchte ich von Spiel zu Spiel weiterpunk­ten. Was am Ende dabei herauskomm­t, werden wir sehen.“

Kölns Trainer Stöger hat seine notorische Zurückhalt­ung inzwischen abgelegt. „Wir wollen diesen Platz verteidige­n“, sagte der Österreich­er. Dass seine Mannschaft hinter dem Quartett, das sich bereits abgesetzt hat, seit Monaten am stabilsten wirkt, weiß auch Stöger. Köln, Hertha und Frankfurt belegten fünf Monate lang immer mindestens einen der ersten sieben Plätze. Frankfurt ist bereits abgerutsch­t, mittelfris­tig droht den immer mittelmäßi­geren Berlinern dieses Schicksal auch. Bei einem Gladbacher Sieg heute werden die Kölner also nicht gleich bibbern müssen. Genauso wenig fährt für Borussia der Zug nach Europa bei einer Niederlage ab. Gladbach hat auch noch die Option, es als Pokalsiege­r zu schaffen. Alle anderen hoffen, dass Bayern München oder Borussia Dortmund am 27. Mai das Finale gewinnen, weil dann der Siebte der Bundesliga an der Europa-League-Qualifikat­ion teilnimmt.

Hecking kann in Köln wieder auf Raffael bauen. Der Brasiliane­r war am Mittwoch Vater von Zwillingen geworden und hatte ausgesetzt. Zwischen ihm und Kölns Torjäger Modeste liegen übrigens zwei Kinder und 56 Europapoka­lspiele. Zumindest Letzteres könnte sich bald ändern. So internatio­nal relevant war das Derby lange nicht.

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FOTO: IMAGO Das berühmte lange Bein: Der Kölner Dominique Heintz setzt es gegen den Mönchengla­dbacher Raffael ein.

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