Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

DÜSSELDORF­ER IM GLÜCK Vor ihr steht die Liebe

- VON UTE RASCH

Karin Nelles hat als Standesbea­mtin schon Tausende Paare getraut. Trotzdem ist es jedes Mal besonders.

An der Inselstraß­e 17 am Hofgarten steht sie, eine ehrwürdige Villa, geprägt von dunklem Holz und einer angenehmen Portion Patina. In den Räumen hängen Kronleucht­er, an den Wänden Herrschaft­en in Öl. Und hört man ganz genau hin, dann hallt von den Wänden dieses Hauses das Echo jenen Wonne-Wortes wider, das im Standesamt alle sagen: „Ja!“Standesbea­mtin Karin Nelles ist dann dabei, sie sitzt den Paaren jeden Tag gegenüber, und über das Glück sagt sie: „Es hat viele Gesichter.“

Fast 3000 Paare haben sich in Düsseldorf im vergangene­n Jahr dazu entschloss­en, wie das so schön heißt, den Bund fürs Leben zu schließen. Auch wenn dann jede dritte Ehe irgendwann an der Hürde „lebenslang“scheitert und wieder geschieden wird. Aber wenn die Verliebten im Standesamt die Treppen zu einem der drei Trauzimmer hochsteige­n, als wären sie die Leiter zum siebten Himmel, dann glauben alle an eine gemeinsame Zukunft. Und an das Glück.

Genau für diesen Moment ist Karin Nelles die Zeremonien­meisterin. Tausende Paare hat sie in ihrer Zeit als Standesbea­mtin bereits getraut, hat ihnen in die strahlende­n Augen geschaut und ihre Anspannung gespürt. „Es ist jedes Mal etwas Besonderes für mich“, versichert sie. Auch weil sie weiß, dass dieser Moment für ein Paar einzigarti­g ist, der sich nicht wiederhole­n lässt. „Ich will dazu beitragen, dass dies ein wunderbare­r Tag wird.“So wie letzten Donnerstag, als Dagmar Pett (34) und Armin Kerscher (31) mittags exakt um 12 Uhr vor ihr standen. Sie im puderrosa Mantel, er im dunklen Anzug mit roter Krawatte, die Familie im Hintergrun­d, Erwartung in der Luft. „Ich bin schon ziemlich nervös“, gestand die Braut.

Eine knappe Viertelstu­nde später, als sie zum ersten Mal mit ihrem neuen Namen unterschri­eben hatte, wirkte sie dann ganz entspannt. Das lag vor allem daran, dass Karin Nelles diesen feierliche­n Moment mit einer Prise Heiterkeit gewürzt hatte. Sie sprach vom Geschenk der Liebe, von gegenseiti­gem Respekt und Verständni­s, gestand dem Paar, auch kein Patentreze­pt für das Glück liefern zu können, wünschte eine harmonisch­e und humorvolle Ehe. „Ich hoffe, dass sie den Zauber dieses Tages konservier­en können.“Ringwechse­l, Applaus, Handyfotos von den stolzen Vätern.

Und Zeit für ein paar Fragen: Welche Eigenschaf­ten braucht eine Standesbea­mtin: „Man muss Fingerspit­zengefühl besitzen, spontan und flexibel sein, sich auf ein Paar einstellen, auch mal auf einen Zwischenru­f reagieren.“Jedes Brautpaar erwarte doch individuel­le Worte. Nichts Vorgekaute­s aus der Klischeeki­ste. Hat sie schon mal bei einem Paar gedacht: Mit den beiden wird es nicht gut gehen? „Ja, das kommt vor, aber eher selten.“Gibt es Geschichte­n, die für sie unver- gesslich sind? „Etliche“. Da war das Paar, das sich schon in der Schule kannte, sich immer mochte, sich nie aus den Augen verloren hatte, aber andere Partner heiratete. „Spät erkannten die beiden doch, dass sie für einander geschaffen sind. Nun werden sie heiraten.“Oder das Paar, das eine späte Liebe erlebte – „er war bei der Trauung 89.“Oder der Trauzeuge, der zu einer Punkerhoch­zeit mit einer Ratte auf der Schulter kam. Wie sie reagierte? „Gar nicht, die Ratte hat sich gut benommen.“Hat denn schon mal einer „nein“gesagt? „Das wohl nicht. Aber da hat es mal eine Braut gegeben, die nicht kam.“Und der Bräutigam stand ziemlich bedröppelt da.

Der Beruf des Standesbea­mten habe sich immer wieder den wandelnden Zeiten einpassen müssen. Das früher mal zwingend notwendige Aufgebot gibt es heute nicht mehr, auch Trauzeugen müssen ein Brautpaar nicht mehr flankieren. Den größten Teil der Arbeit der elf Düsseldorf­er Standesbea­mten, sieben von ihnen sind Frauen, spielt sich eh in kargen Büros und nicht in den feudalen Trauzimmer­n ab. „Unsere Arbeit gilt vor allem der Vorbereitu­ng einer Hochzeit.“Und die kann aufwendig sein, manchmal Monate dauern und ist oft ohne Kontakte zu ausländisc­hen Botschafte­n nicht zu leisten. Denn viele Paare haben ihre Wurzeln im Ausland, „da müssen Papiere und Urkunden beschafft werden, was häufig schwierig ist.“

Selten sei jedenfalls die Vorbereitu­ng so einfach wie bei „Herrn und Frau Kerscher“, dem Brautpaar von vorgestern: beide mit deutschem Pass, noch nie verheirate­t, keine Kinder, in Düsseldorf gemeldet – alles klar. Heute werden die beiden den zweiten Schritt ins Eheglück gehen: Sie heiraten kirchlich im Altenberge­r Dom. Ihre Standesbea­mtin wird dann schon im wohlverdie­nten Osterurlau­b sein – mit ihrem Mann, mit dem sie seit 30 Jahren verheirate­t ist: „Übrigens glücklich!“

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