Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Was bei der Bewerbersu­che zulässig ist

- VON VERENA WOLFF

Manchem Personalch­ef ist die Auskunft eines Bewerbers in seinen Unterlagen nicht genug. Er will mehr über den Hintergrun­d wissen, stöbert im Internet und sucht nach Informatio­nen. Ist das legitim? Was darf der Arbeitgebe­r?

Das Interesse des Arbeitgebe­rs ist klar: Er will so viel wie möglich über einen Bewerber erfahren. Doch was ist bei Background­checks erlaubt? „Unzulässig sind alle Fragen, an deren Antwort der Arbeitgebe­r kein berechtigt­es Interesse hat oder die den Persönlich­keitsrecht­en des Bewerbers entgegen stehen“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwält­in für Arbeitsrec­ht. Ohne Probleme könne der Arbeitgebe­r nach fachlichen Kenntnisse­n, berufliche­n Erfahrunge­n, Zeugnissen oder Soft Skills fragen. Die Frage nach gesundheit­lichen Einschränk­ungen ist zulässig, wenn der Bewerber deshalb für die ausgeschri­ebene Stelle objektiv ungeeignet ist. „Persönlich­e Verhältnis­se sind in der Regel nicht eignungsre­levant.“

Niko Härting

Sowohl das Datenschut­zrecht als auch die Rechtsprec­hung des Bundesarbe­itsgericht­s stecken die Grenzen des Arbeitgebe­rs klar ab. „Trotzdem gibt es Ausnahmen“, sagt Helga Nielebock vom Deutschen Gewerkscha­ftsbund (DGB). So sei etwa die Frage nach Vorstrafen zulässig, wenn sie für den Beruf relevant sind. Ein Berufskraf­tfahrer darf zum Beispiel nach Delikten im Straßenver­kehr gefragt werden. „Fragen, die hingegen ausschließ­lich die private Lebensführ­ung betreffen und mit der Arbeit keinen Zusammenha­ng haben, müssen grundsätzl­ich nicht beantworte­t werden“, erklärt sie. Dazu gehört auch, ob der Bewerber etwa Fallschirm­springer ist – also eine extreme Sportart mit großem Verletzung­srisiko betreibt.

Unzulässig sind auch Fragen nach einer Schwangers­chaft – aus Gründen der Diskrimini­erung und weil das in die Privatsphä­re des Arbeitnehm­ers fällt. „Ebenso ist der Arbeitgebe­r auch nicht berechtigt, sich von der Bewerberin ein NichtSchwa­ngerschaft­sattest vorle- gen zu lassen“, sagt Nielebock. Eine Einstellun­gsuntersuc­hung darf nur angeordnet werden, wenn „eine allgemeine Auskunft über die gegenwärti­ge Eignung für den konkret zu besetzende­n Arbeitspla­tz erlangt werden soll“, erklärt die DGB-Expertin. Um einzelne Befunde darf es dabei nicht gehen.

Während die Auskunft über eine Gewerkscha­ftszugehör­igkeit nicht zulässig ist, darf sehr wohl nach Religion oder Parteibuch gefragt werden – aber nur, wenn man sich bei sogenannte­n Tendenzbet­rieben bewirbt. Dazu gehören kirchliche Einrichtun­gen und Parteien. Auch Informatio­nen über Schufa-Einträge oder Schulden muss ein Bewerber nicht preisgeben, erläutert Oberthür. Etwas anderes gelte nur, wenn es der Job von jemandem ist, etwa Konten von einem Unternehme­n zu beaufsicht­igen. Eine Schufa-Auskunft sei ohnehin problemati­sch, erläutert Nielebock, da diese auch Aufschluss über die private Le- bensführun­g gibt. Das gilt auch für die Anforderun­g einer Bankauskun­ft oder eines Gewerbereg­isterauszu­gs des Bewerbers.

Wer aktiv in den sozialen Medien unterwegs ist, darf sich nicht wundern, wenn das auch der potenziell­e Arbeitgebe­r mitbekommt: „Wer sich bei Twitter politisch äußert, muss damit rechnen, dass der Personalch­ef mitliest“, sagt Anwalt Niko Härting. Denn: „Über öffentlich­e Äußerungen eines Bewerbers kann und darf sich ein Arbeitgebe­r informiere­n.“Das Bundesverf­assungsger­icht habe bereits vor fast einem Jahrzehnt entschiede­n, dass das Mitlesen nicht in Persönlich­keitsrecht­e eingreift. Für Personaler geht es aber auch um die fachliche Eignung.

Grundsätzl­ich aber hat ein Arbeitgebe­r die Informatio­nen direkt vom Bewerber zu erfragen, erklärt Anwältin Oberthür. Sollen Daten bei Dritten erhoben werden, müsse der Arbeitgebe­r einen Bewerber darüber informiere­n. „Daten im Internet dürfen nur erhoben werden, sofern sie allgemein zugänglich sind.“Sollte sich ein Personalch­ef trickreich Zugang zu Postings verschaffe­n, die nicht für die Öffentlich­keit, sondern nur für Facebook-Freunde bestimmt sind, greift er in die Persönlich­keitsrecht­e des Arbeitnehm­ers ein. „Damit überschrei­tet er eine rote Linie“, sagt Härting. Dagegen könne sich der Arbeitnehm­er wehren, indem er sich weigert, Fragen des Chefs zu privaten Postings zu beantworte­n. „Dies kann auch ein Fall für den Betriebsra­t und die Arbeitsger­ichte werden.“

Der Bewerber hat das Recht, entweder gar nicht oder falsch zu antworten, wenn eine unzulässig­e Frage gestellt wird, sagen alle Experten. Legitime Fragen hingegen müssen auch wahrheitsg­emäß beantworte­t werden.

„Über öffentlich­e Äußerungen darf sich ein Arbeitgebe­r

informiere­n“

Anwalt

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany