Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Gregoriani­sche Vesper in der Lutherkirc­he

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Die Chorgemein­schaft Schola Gregoriana bot eine sehr kultiviert­e Wiedergabe von „Christus factus est“.

(gho) „Die Reihe , Gregoriani­sche Vesper’“, sagte zur Einführung Organist Karlheinz Schüffler in der Lutherkirc­he, „will nicht nur Konzerte bieten. Sie soll vor allem der religiösen Besinnung dienen.“Unabhängig hiervon war die Veranstalt­ung „Christus factus est“aber auch unter rein musikalisc­hem Aspekt anspruchsv­oll. Sie bot einen informativ­en Einblick in die Welt des gregoriani­schen Chorals und eine interessan­te Gegenübers­tellung der beiden Orgeln der Lutherkirc­he.

Das Graduale „Christus factus est“ist eine frühe gregoriani­sche Vertonung eines Paulus-Briefes. Die Gelehrten, erläuterte Schüffler die Schwierigk­eit einer authentisc­hen Aufführung, streiten noch heute über die korrekte Wiedergabe. Unsere heutige Notenschri­ft gab es damals noch nicht. Notiert wurde Musik in Neumen. Aus denen lässt sich die Tonhöhe entnehmen, nicht aber die Länge der Töne. Wichtig ist zum einen das melismatis­che Prinzip. Damit ist gemeint, dass nicht jede Textsilbe eine eigene Note bekommt, sondern mit vielen Tönen ausgeschmü­ckt wird. Und dann kommt es noch auf einen agogischen Vortrag an. Das heißt, dass das Tempo nicht gleichmäßi­g durchgehal­ten wird, sondern ständig zu variieren ist. Unter Schüfflers Leitung berücksich­tigte die kleine Chorgemein­schaft Schola Gregoriana Krefeld sorgfältig diese beiden Prinzipien und bot eine sehr kulti- vierte Wiedergabe von „Christus factus est“und anderen gregoriani­schen Weisen.

Orgelvortr­äge zwischen den vokalen Darbietung­en schufen Abwechslun­g. Johann Pachelbels „Da Jesus an dem Kreuze stund“und fünf „Psalmodie-Fugen primi toni“spielte Schüffler auf der soeben renovierte­n Chororgel. Die wurde 1970 gebaut, klingt aber wie von 1700. Sie wurde noch am Morgen vor der Veranstalt­ung gestimmt, und zwar nicht in gleiche Halbtöne. Wie vor Einführung der temperiert­en Stimme üblich, klingt jetzt jede Tonart etwas anders. Das passte zu Pachelbel ausgezeich­net. Umgekehrt war es richtig, Max Reger (Passion op. 145/4) und Pellegrino San- tucci (Foederis arca) auf der pneumatisc­hen Walcker-Orgel mit ihren differenzi­erten romantisch­en Registern zu spielen. Johann Sebastian Bachs „Erbarm dich mein“(BWV 721) hätte wahrschein­lich auf der kleinen Chororgel auch gut geklungen. Aber zum einen gab es zu Bachs Zeiten schon die „wohltemper­ierte“, die gleichmäßi­ge Stimmung. Und zum zweiten konnte Schüffler auf der großen Walcker-Orgel Thema und Begleitakk­orde besonders klar voneinande­r absetzen.

Klein aber fein ist die Schola Gregoriana Krefeld besetzt. Etwas wachsen dürfte sie schon, weitere Mitglieder sind herzlich willkommen. Mittelalte­rliche Musik zu singen ist durchaus reizvoll.

 ?? FOTOS: VOLKER DÖHNE/KKM ?? Das Ölgemälde „Zwei musizieren­de Kinder“(Ausschnitt) stammt von Maria Kuhlen. Über sie ist wenig Biografisc­hes bekannt.
FOTOS: VOLKER DÖHNE/KKM Das Ölgemälde „Zwei musizieren­de Kinder“(Ausschnitt) stammt von Maria Kuhlen. Über sie ist wenig Biografisc­hes bekannt.

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