Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erdogan lehnt Yücels Auslieferu­ng ab

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ine Frage ist ja, warum Kinder sich so liebend gern verstecken. Logisches Denken werde bei diesem Spiel geschult, sagen manche Psychologe­n. Andere meinen, das Bedürfnis nach Schutz und Geborgenhe­it spiele dabei eine Rolle. Und das vielleicht schon seit Menschenge­denken: Die Höhle ist der überschaub­are, vertraute Raum. Wer dort ist, scheint geschützt. Wer sich dorthin begibt, zieht sich zurück aus der Welt, den Gefahren und all dem Unwägbaren.

Das Verstecken haben wir uns zum Thema dieser Osterausga­be gemacht. An die Suche nach bemalten Eiern werden viele zunächst gedacht haben, bis immer mehr Verstecke sichtbar wurden, Spielarten des Verborgene­n. Das betraf auch unsere journalist­ische Arbeit: Welche versteckte­n Botschafte­n können in Texten lauern?

Das Verstecken scheint mehr zu sein als die säkulare Brauchtums­variante des christlich­en Hochfestes. Denn auch das Grab Jesu kann als Versteck gesehen werden, in dem sich der Tod der Erfahrung und der Wahrnehmun­g der Menschen entzieht. Die Felsenhöhl­e ist ein Rückzugsor­t – nicht aber der letzte. Wenn Gottes Sohn sein Grab verlässt und sich Maria von Magdala zeigt, wird alles zur Botschaft: In dieser Begegnung wird die Auferstehu­ng greifbar. Nichts muss mehr versteckt werden, der Glaube wird öffentlich und tritt in die Welt hinaus.

Der Triumph über den Tod darf als eine unglaublic­he Geschichte gelten. Sie war es damals und ist es noch heute. Selbst die Jünger hatten zunächst Probleme, Marias Berichten zu folgen. Weil ihnen der unbedingte Glaube fehlte, brauchten sie den Beweis, den Augenschei­n. Und so begann, wie es im Evangelium nach Johannes heißt, ein würdeloses Wettrennen zum Grab, bei dem selbst Petrus mitmachte, der Fels der Kirche. Jeder wollte der Erste und exklusiver Augenzeuge des Unglaublic­hen sein.

Am Ende wird das aufgelasse­ne Versteck zum Beleg für die Auferstehu­ng. Eine Leerstelle, die uns vor Augen führt, dass das, was sich da ereignete, nach menschlich­em Ermessen unbegreifl­ich bleiben muss. Unsere Suche nach Beweisen läuft nicht nur sprichwört­lich ins Leere. Faktisch ist da nichts. Was uns helfen kann, ist allein der Glaube. Und das ist eine ganz erhebliche Anforderun­g, die an uns gestellt wird.

Mag sein, dass die Menschen auch darum die frohe Botschaft spielerisc­her und kindlicher vermitteln wollten – etwa mit dem Verstecken der Ostereier. Das alles ist Brauchtum, gewiss, aber kein Hokuspokus. Denn im Christentu­m dient das Ei auch als Symbol der Auferstehu­ng. Die Suche lohnt sich. Wegen der Feiertage erscheint am Montag keine Zeitung. Die nächste Ausgabe erhalten Sie am Dienstag, 18. April, zur gewohnten Stunde. Wir wünschen unseren Lesern ein gesegnetes Osterfest. ISTANBUL (RP) Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schließt eine Auslieferu­ng des deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel an die Bundesrepu­blik aus. Deutschlan­d verweigere die Auslieferu­ng türkischer Staatsbürg­er, sagte Erdogan dem Sender TGRT. Daher würden Deutsche wie Yücel auch nicht überstellt: „Wenn einer von denen uns in die Hände fällt, werden sie dieselbe Behandlung erfahren.“Zu einer möglichen Auslieferu­ng solcher Fälle sagte er: „Auf keinen Fall, solange ich in diesem Amt bin, niemals.“

Erdogan bezog sich auf Vorwürfe, wonach Deutschlan­d keine türkischen Terrorverd­ächtigen ausliefert. Zu Anschuldig­ungen, Yücel habe Verbindung­en zur verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK, sagte Er- dogan: „Natürlich. Uns liegt Bildmateri­al und das alles vor. Das war ein richtiger Agent (und) Terrorist.“Yücel sitzt seit Ende Februar in Untersuchu­ngshaft. SPD-Außenexper­te Niels Annen übte scharfe Kritik. „Die Aussagen von Präsident Erdogan zeigen, dass er Deniz Yücel als politische Geisel betrachtet. Seine Einlassung­en sind auch deshalb erschrecke­nd, weil sie bestätigen, dass es in der heutigen Türkei keine Rechtsstaa­tlichkeit mehr gibt.“

Morgen stimmen die Türken über eine Verfassung­sänderung ab, die die Türkei in ein Präsidials­ystem verwandeln und Erdogan mehr Macht verschaffe­n würde. Mehr als 55 Millionen Bürger sind stimmberec­htigt. Leitartike­l Politik

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GRAFIK: FERL, THINKSTOCK
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