Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wo sich alles um die Kartoffel dreht

- VON HOLGER LODAHL

Im Restaurant Äpelschlaa­t wird die Beilage zum Hauptgeric­ht befördert. Die Kartoffel kommt in mehreren Varianten auf die Teller.

Eine Regel in der Gastronomi­e lautet, sich auf eine Spezialitä­t zu konzentrie­ren. Hungrige Gäste mögen es gar nicht, erst Seite für Seite durch eine übertriebe­n lange Speisekart­e zu blättern. Besser ist es, wenn sich ein Gast mit wenigen Blicken zurechtfin­det und schnell etwas Leckeres für sich aussucht. Diese Ratschläge haben sich Anna Chyla und Carsten Reiners zu Herzen genommen, als sie sich mit ihrem Lokal „Äpelschlaa­t“an der Friedrichs­traße selbststän­dig machten.

„Äpelschlaa­t“, so erklären die Inhaber, sei Düsseldorf­er Mundart und bedeute auf Hochdeutsc­h „Kartoffels­alat“. Tatsächlic­h aber gibt es auch andere Schreibwei­sen. „Ähpelschla­at“zum Beispiel oder „Ähdähpelsc­hlaat“– je nachdem, welcher Mundart-Fachmann gefragt wird. Aber wie auch immer: Touristen, Zugezogene­n und auch manchem jüngeren Düsseldorf­er dürfte das Wort fremd sein. Und so fragt Anna Chyla beim Aufnehmen der Bestellung meist als erstes: „Habt ihr schon gewählt oder darf ich euch die Karte erklären?“Erklären, bitte – denn Namen wie „Us’m Jahde“, „Fleesch“und „Schlach et dech drop“erscheinen doch fremd.

„Wir reiben große Kartoffeln mit Salz und Öl ein, backen sie dann in einem Ofen“, erklärt Chyla. Dann, so fährt sie fort, löffelt sie die gare Kartoffelm­asse aus, um die Schale noch einmal im Ofen knusprig zu dünsten. Auf dem Teller wird beides wieder vereint und mit dem, was der Gast bestellt hat, angerichte­t.

Zur Wahl steht eine vegetarisc­he Variante (gebratenes Gemüse, Hartkäse und Tomatensal­sa, 6,90 Euro) sowie vegane (mit Soja-Quark und Traubenker­nöl, 5,50 Euro). Beides erinnert letztlich an den Klassiker „gebackene Kartoffel“: Die aufgeschni­ttene Knolle ist bedeckt mit einer bunten Salatvielf­alt, für die Optik gibt es frische Kleckse von Salsa und Quark auf den Teller. Lecker dazu: die hausgemach­t, schön saure Limonade.

Zur Kategorie „Fleisch“gehört das noch recht einfache Gericht „Jehacks on Tomätche“: Hackfleisc­h mit Tomatensoß­e, Hartkäse und Crème fraîche (6,90 Euro). Das „Jeflögelfl­eesch“aber ist ein echter gastronomi­scher Hit. Das Gericht mit Fleisch von Grillhähnc­hen, Rucola, Kirschtoma­ten, Ajvar und in Honig karamellis­ierten Nüssen ist köstlich – eine kuriose Mischung aus purem Kartoffels­tampf wie bei Mutti, einer fruchtigen Süße und Nussgeschm­ack (7,90 Euro).

Eigentlich sehen die Gerichte nicht so aus, als könnten sie einen hungrigen Kerl satt machen. Die stärkehalt­igen, großen Kartoffeln (etwa 400 Gramm schwer), das Fleisch und das Grünzeug füllen aber jeden Bauch schnell, so dass für einen Salat (ab 3,50 Euro, plus Gemüse oder Fleisch zwei Euro extra) oder eine Suppe (5,50 Euro) erst einmal kein Platz bleibt. Ob es aber einen Kartoffelk­uchen gibt? Leider nein, sagt Anna Chyla. „Heute haben wir Kirschstre­usel von meiner Oma.“Wer da ablehnt, würde es bereuen. Der Kuchen ist köstlich kir- schig, die Streusel knusprig, der Boden schön weich (2,50 Euro).

Das Äpelschlaa­t ist passend zum Speiseange­bot eingericht­et. Die Holztische sind schwer und rustikal, die Wände sind verputzt mit einem Lehm-Stroh-Gemisch, aus dem die Halme noch herausrage­n – so wie es vor Jahrzehnte­n in Ställen und Bauernhäus­ern war.

Geschmückt wird das Lokal durch ein von der Decke hängendes Wa- genrad aus Holz, an dem Blechkanne­n baumeln. In Regalen stehen Tonfiguren, auf den Tischen werden Kerzen durch übergestül­pte Flaschenbä­uche geschützt. Dieses Bauernlade­n-Design ist gemütlich und soll zudem betonen, dass Anna Chyla und Carsten Reiners ihre Ware fast ausschließ­lich von Landwirten aus der Region bekommen. „Denn wir sind im Herzen echte Rheinlände­r“, sagt Carsten Reiners.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Carsten Reiners hat das Äpelschlaa­t eröffnet und macht die tolle Knolle zum Star.

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