Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Zwei liebesbedü­rftige Willis

- VON MARTIN HALTER

Heinz Strunks „ Jürgen“scheitert an der Liebe und seinem rustikalen Humor.

Jürgen Dose ist, um in seinem herzlich rauen Jargon zu bleiben, „ein ganz armer Willi“. Sozial und mental ganz unten, lebensuntü­chtig, picklig und multipel malade, aber immer für einen fröhlichen Spruch zu haben: „Das Leben ist zu kurz für ein langes Gesicht.“Und: „Wenn das Leben dir eine Zitrone gibt, mach Limonade daraus.“Der Enddreißig­er arbeitet als Pförtner in einem Parkhaus. In seiner kleinen Wohnung wird er von seiner pflegebedü­rftigen Mutter terrorisie­rt, Freunde hat er nicht, außer Bernd, Rollstuhlf­ahrer und Meister der Kaltakquis­e.

Die beiden haben bei den Frauen keinen Schlag, aber jede Menge toller Ideen, ihr Recht auf Liebe zu erzwingen. Sie probieren es mit Online- und Speed-Dating und lassen sich von der Partnerage­ntur Eurolove des schmierige­n Sprücheklo­pfers Schindelme­ister nach Polen karren, wo angeblich attraktive, willige Frauen auf Westmänner wie Jürgen und Bernd warten.

Strunks Konzept ist schlicht und klar: Man nehme zwei erbarmungs­würdige Loser, ein bisschen schmuddeli­g vielleicht und hane- büchen sexistisch, aber durchaus sympathisc­h, und lasse sie bei der Suche nach einem mitfühlend­en Herzen auf Grund laufen. Zwei arme, sehnsuchts­kranke, liebesbedü­rftige Willis aus den tristesten Ecken von Hamburg-Harburg. In dieser Gegend treffen sich die Männer zum Trinken, „Sabbeln“und Pläneschmi­eden noch in Kneipen und Imbissstub­en, die so verlockend­e Namen wie Genießertr­eff, Futterkrip­pe oder Kamin 21 tragen und die „Bulgarisch­e Restepfann­e“zu den Highlights der Speisekart­e gehört.

In seinem 400.000 Mal verkauften Bestseller „Fleisch ist mein Gemüse“hatte Strunks Alter Ego samt Mutterdrac­hen schon einmal einen Auftritt, damals noch als Tanzmusike­r auf den Schützenfe­sten der Achtziger Jahre. Kritik und Publikum waren begeistert, das Schmuddelk­ind wurde vom Feuilleton adoptiert und mit Preisen über- häuft. Jetzt ist Heinz Strunk wieder auf Normalmaß zurückgest­utzt: Jürgen Dose, bekannt aus alten Strunk-Hörspielen und Fernsehsho­ws, mag eine kabarettre­ife Kunstfigur sein, aber als tragischer Held oder gar Größe der E-Literatur taugt er nicht. Am Anfang stehen selige Jugenderin­nerungen, am Ende resigniere­nde Sprüche: „Ein wenig träumen wird ja wohl erlaubt sein“, also Schwamm drüber.

Strunk, bekannt als Stimmenimi­tator auf der Bühne und im Rundfunk, kann dem Volk genau aufs Maul schauen. Allerdings fragt man sich manchmal schon, in welcher Epoche er eigentlich lebt: Es sind eher die Siebziger und Achtziger Jahre als die Gegenwart, und was er beschreibt, hat eher mit KlimbimCom­edy oder einer Unterschic­htenvarian­te von Loriots „Ödipussi“als mit sozialer Realität von hier und heute zu tun.

„Ein wenig träumen wird

ja wohl erlaubt sein“

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