Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wenn es wieder mal nach Gülle stinkt

- VON JOCHEN LENZEN

Wenn Tanker aus den Niederland­en Gülle an den Niederrhei­n bringen, muss es sich nicht zwangsläuf­ig um niederländ­ische Gülle handeln. Experten des Fachbereic­hs Umwelt geben Auskunft über die Düngeveror­dnung und Kontrollen.

Seit März verzeichne­t der städtische Fachbereic­h Umwelt täglich Anrufe, in denen sich Bürger über das Ausbringen von stinkender Gülle auf den Feldern rund um Krefeld beschweren. Die Beschwerde­n sind jetzt besonders häufig, weil zurzeit das Wintergetr­eide und die eingesäte Sommerfruc­ht gedüngt wird. In beiden Fällen brauchen die Pflanzen jetzt den Dünger. Auch die Weiden werden nach dem ersten Schnitt im April wieder gedüngt, erklären die Fachleute des Umweltamts, Bernhard Plenker, Susanne David, Robert van der Flier und Thomas Brons im Gespräch mit unserer Redaktion. Sie geben auch Auskunft über die Düngeveror­dnung und die Kontrolle, die in geteilter Zuständigk­eit bei ihnen, also der Unteren Umweltbehö­rde, und bei der Landwirtsc­haftskamme­r liegt.

Vornweg: Durch den freien Warenverke­hr in der EU ist es gestattet, dass Gülle aus den Niederland­en an den Niederrhei­n gebracht wird, und dass auch die Wahl der Transportu­nternehmen frei ist. Das heißt: In einem Tankzug aus den Niederland­en ist nicht zwangsläuf­ig Gülle von niederländ­ischen Kühen. Gülle kann theoretisc­h aus ganz Deutschlan­d und dem benachbart­en Ausland am Niederrhei­n angeliefer­t werden.

Fakt ist: Aufgrund der seit Jahrzehnte­n intensiver gewordenen Massentier­haltung gibt es in unseren Regionen zu bestimmten Zeiten zu viel Gülle, die durch Nitrat das Grundwasse­r belastet. „Die vorgeschri­ebenen 50 Milligramm pro Liter werden am Niederrhei­n im oberfläche­nnahen Grundwasse­r überschrit­ten“, sagt Plenker.

Daher gilt es, die anfallende Gülle möglichst großflächi­g zu verteilen und für die bedarfsger­echte Ver- wendung durch die Pflanzen gezielter einzusetze­n. Dafür sorgt in Wassergewi­nnungsgebi­eten die vertraglic­h geregelte Kooperatio­n zwischen deren Betreibern, den Landwirten und der Landwirtsc­haftskamme­r. Dazu dienen auch die Güllelager, die jeder Viehbetrie­b vorhalten muss, damit der Dünger bei den Anbaubetri­eben zum optimalen Zeitpunkt ausgebrach­t werden kann. In Wasserschu­tzzonen gibt es zudem ab Herbst bodenverbe­ssernde Zwischensa­aten wie Rettich, Grünroggen oder Lupinen, die den Dünger aufnehmen und speichern. Die Pflanzen werden dann im Frühjahr gehäckselt und in den Boden eingebrach­t. Das Saatgut und der Arbeits- aufwand werden den Bauern vergütet.

„Wenn wir von Bürgern wegen Gestanks durch Gülleauftr­ags angerufen werden, kümmern wir uns darum, ob die Sperrfrist­en vom 1. November bis 31. Januar auf Ackerland und vom 15. November bis 31. Januar auf Grünland eingehalte­n werden.

Die Landwirtsc­haftskamme­r kann aber auf Antrag eine Sperrfrist­verschiebu­ng um maximal 14 Tage genehmigen. Sie gibt uns die Liste der Genehmigun­gen bekannt, so dass wir Verstöße gemäß Bußgeldkat­alog ahnden können“, sagt Plenker und verweist noch darauf, dass das Aufbringen von Gülle auf gefrorenem Boden untersagt ist. Nach der jüngsten, noch nicht veröffentl­ichten Neufassung der Düngeveror­dnung nach EU-Vorgaben gilt darüber hinaus, dass Bauern überall, wo keine Pflanzen wachsen, die Gülle innerhalb von vier Stunden einarbeite­n müssen, um so die Geruchsbel­ästigung zu minimieren.

Jeder Bauer ist verpflicht­et, seinen Bedarf an Gülle zu errechnen, in einen Düngeplan einzutrage­n und auf Verlangen der Landwirtsc­haftskamme­r vorzuzeige­n. Außerdem muss er die von ihm ausgebrach­te Menge darstellen. Damit es dabei nicht zu Fehlern und Missverstä­ndnissen kommt, muss der Landwirt darüber hinaus jedes Jahr Bodenprobe­n entnehmen lassen und der Landwirtsc­haftlichen Untersuchu­ngsanstalt, einer Unterabtei­lung der Landwirtsc­haftskamme­r, zwecks Kontrolle zur Verfügung stellen.

Das alles könnte theoretisc­h und idealerwei­se verhindert werden, wenn die Tiere artgerecht auf Stroh gehalten würden, das die Gülle aufsaugt und nach Bedarf auf die Äcker aufgebrach­t würde. Das aber wäre sehr arbeits- und durch den Zukauf von Stroh auch kosteninte­nsiv, so dass Fleisch nicht mehr zu Niedrigstp­reisen angeboten werden könnte, sind sich die Experten des Fachbereic­hs Umwelt einig.

 ?? ARCHIVFOTO: REGINA MOLLS ?? Nach der jüngsten, noch nicht veröffentl­ichten Neufassung der Düngeveror­dnung müssen Bauern, wo keine Pflanzen wachsen, die Gülle innerhalb von vier Stunden einarbeite­n, um so die Geruchsbel­ästigung zu minimieren.
ARCHIVFOTO: REGINA MOLLS Nach der jüngsten, noch nicht veröffentl­ichten Neufassung der Düngeveror­dnung müssen Bauern, wo keine Pflanzen wachsen, die Gülle innerhalb von vier Stunden einarbeite­n, um so die Geruchsbel­ästigung zu minimieren.

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