Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Ich wusste sofort: Das ist mein Haus“

- VON UTE RASCH (TEXT) UND ANNE ORTHEN (FOTOS)

Der Bildhauer Oveis Saheb Djavaher lebt mit seiner Familie in einem früheren Siedlungsh­aus mit einer weinumrank­ten Tannenholz-Fassade.

Sie hatte lange nach einem Haus gesucht. Er nicht, er hatte Gewissheit: „Es wird uns ein Haus zustoßen.“Schließlic­h musste das Paar aus seinem alten Domizil ausziehen, einem ehemaligen Kindergart­en in Vennhausen, der abgerissen werden sollte. Der Räumungsbe­scheid lag schon auf dem Tisch, es wurde langsam eng. Da rief eine Freundin an und erzählte von einer Freundin, die ihr Haus in Kaiserswer­th verkaufen wollte. „Als ich die Haustür öffnete, wusste ich: Das ist mein Haus“, erinnert sich Oveis Saheb Djavaher. Dieser Tag liegt nun schon 15 Jahre zurück – aber die Liebe zu dem Haus blieb unveränder­t.

Katrin und Oveis Saheb sitzen in ihrer Küche, der man ansieht, dass sie gern und häufig gebraucht wird, dass sie Mittelpunk­t dieses Hauses ist. Im Zentrum steht ein großer alter Metzgerblo­ck aus Belgien mit gescheuert­er Holzfläche. Das imposante Stück stammt wie auch die gemütliche Holzbank und der Tisch noch von ihrer Vorgängeri­n. „Die Einrichtun­g dieser Küche hat uns so gut gefallen, dass wir sie übernommen haben.“Der Rest des Hauses aber ist von ihrem gemeinsame­n Stil, ihren Vorlieben und seiner Kunst geprägt.

Oveis Saheb, vor 61 Jahren im Iran geboren und seit mehr als 30 Jahren in Deutschlan­d heimisch, ist Bildhauer. Auf vielen Ausstellun­gen, in Sammlungen und auf einem Feldstück in Büderich sind seine Skulpturen zu sehen – wie die großen Steinblöck­e, aus denen der Künstler die Umrisse von Menschen herausgesp­rengt hat. Steinarbei­ten prägen auch den blühenden Garten hinter seinem Haus in Kaiserswer­th. Zwischen Flieder, Magnolien und einer Sauerkirsc­he („haben wir zum Einzug gepflanzt“) wird der Blick auf halbrunde Stein-Wippen gelenkt. Die gebogene Form gibt dem schweren Material Schwung. Und Leichtigke­it. Am Zaun balanciert eine alte Milchkanne über einem Hügel aus Steinchen. Und den Blick zum Nachbargar­ten verwehrt ein drei Meter hoher Steinvorha­ng – die kleinen Einzelstüc­ke wurden mit Draht verknüpft.

Überall Spuren seines Künstlerle­bens. Aber auch seines handwerkli­chen Geschicks: So ist der Pizzaofen auf der Terrasse Marke Eigenbau, und von oben bekommt der Freiluftpl­atz zusätzlich­es Licht, weil der Hausherr einen Glasschach­t in den Balkonbode­n eingelasse­n hat. Ansonsten blieb das Haus mit seiner dunklen, weinumrank­ten Tannenholz-Fassade unveränder­t, so wie es der Düsseldorf­er Architekt Nils Du- bick konzipiert und ergänzt hat. Denn ursprüngli­ch stammt der älteste Teil dieser Doppelhaus­hälfte aus den 1930er Jahren. Winzig war dieses Häuschen, lediglich mit der Grundfläch­e der heutigen Küche. Und Teil einer Siedlung, die damals in Gemeinscha­ftsarbeit gebaut wurde. „Niemand wusste, wer als Nächster ein Haus zugeteilt bekam“, sagt Katrin Saheb. So gingen wohl alle mit großer Energie ans Werk, immer in der Hoffnung, dass gerade das nächste Haus für einen selbst bestimmt war.

Noch heute ist im offenen Treppenhau­s die alte Außenwand sichtbar – auch wenn dieser Aufgang schon zum Anbau gehört, wie auch das großzügige Wohnzimmer mit offenem Kamin, darüber die Schlafräum­e, Bäder und ganz oben unterm Dach eine Bibliothek: Zu insgesamt 250 Quadratmet­ern auf drei Etagen bläht sich das ehemalige Minihäusch­en auf. In drei Glasfenste­rn vom Treppenhau­s zum Wohnzimmer wird eine Sammlung alter persischer Vasen präsentier­t. Einige leuchtend blau, andere mit Fischmotiv­en bemalt, „die wurden von Kindern gemacht“, weiß Oveis Saheb. Heute könne man nachgemach­te Stücke in jedem Laden kaufen, „aber sie haben längst ihre Unschuld verloren.“

Auf halber Treppe bleibt der Blick an einem großen Objekt hängen. Kein Stein, sondern knallrot lackiertes Autoblech. Trotzdem ein Werk des Hausherrn. „Das ist die Motorhaube meines alten Alfa Romeo“, nach einem Unfall wurde sie zur Kunst, bestückt mit unzähligen Glühbirnch­en. Dieses Autoblech besaß Inspiratio­nskraft, denn 1987 gestaltete der Künstler zur Düsseldorf­er „Kunstachse“einen Himmel voller Motorhaube­n. Die eine aber bleibt im Haus, „wie alle Stücke, die mich mal erleuchtet haben.“

 ??  ?? Lebensmitt­elpunkt: Katrin und Oveis Saheb sitzen in ihrer Küche, die das Zentrum des Hauses bildet. Die Einrichtun­g haben sie übernommen.
Lebensmitt­elpunkt: Katrin und Oveis Saheb sitzen in ihrer Küche, die das Zentrum des Hauses bildet. Die Einrichtun­g haben sie übernommen.
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Gesammelt: Alte persische Vasen sind eine Leidenscha­ft des Hausherrn.

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