Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Mehr als jedes fünfte Kind in NRW ist arm
DÜSSELDORF (kib) Die starke Zuwanderung im Jahr 2015 hat einer Studie zufolge zu einem Anstieg der Kinderarmut in Deutschland geführt. Der Anteil armer Kinder wuchs bundesweit von 19,0 Prozent im Vorjahr auf 19,7 Prozent, wie das gewerkschaftsnahe Forschungsinstitut WSI in einer repräsentativen Studie auf Basis des Mikrozensus berechnete. Demnach gilt also fast jedes fünfte Kind als arm. Dies entspricht 2,547 Millionen armen Kindern, 77.000 mehr als im Vorjahr.
Hauptursache ist laut WSI die 2015 stark gewachsene Gruppe unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge. Kinder aus Afrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten hätten ein mehr als dreimal so hohes Armutsrisiko wie einheimische.
Für Kinder mit ausländischen Wurzeln, die in Deutschland geboren sind, ging das Armutsrisiko seit 2009 hingegen leicht zurück. „Dies legt nahe, dass der gesamte Zuwachs der Kinderarmut auf das hohe Armutsrisiko der in den letz- ten fünf Jahren eingewanderten Personen unter 18 Jahren zurückzuführen ist“, so das WSI.
Die Entwicklung in den einzelnen Bundesländern verlief dabei sehr unterschiedlich. In NRW nahm die Kinderarmut zwar dem WSI zufolge zuletzt um 0,7 Prozentpunkte ab. Mit einer Armutsquote von 22,9 Prozent liegt der Anteil armer Kinder aber immer noch klar über dem Bundesschnitt von 19,7 Prozent. NRW belegt damit den vorletzten Platz unter den westdeutschen Flächenländern vor dem Saarland.
Im NRW-Wahlkampf spielt das Thema Kinderarmut eine wichtige Rolle. Für die CDU-Opposition ist die hohe Armutsquote ein Beleg dafür, dass die rot-grüne Landesregierung mit ihrem Projekt „Kein Kind zurücklassen“ihr Ziel verfehlt hat. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hingegen verweist darauf, dass es bei diesem Projekt nicht zuvorderst um die Bekämpfung von Kinderarmut geht. Auch innerhalb von NRW variiert die Ent- wicklung stark: Die Regierungsbezirke Detmold, Köln und Münster verzeichneten dem WSI zufolge 2015 eine niedrigere Armutsquote. „Ursächlich dürfte die positive Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Region sein“, schreibt das WSI. In den Regierungsbezirken Arnsberg und Düsseldorf mit Städten wie Bochum, Dortmund, Duisburg und Oberhausen nahm das Armutsrisiko zu.
Bundesweit ist Kinderarmut nach wie vor in Bremen (34,2 Prozent), Berlin (29,8 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (29,0 Prozent) am weitesten verbreitet. Am niedrigsten sei sie in Baden-Württemberg (13,4 Prozent) und Bayern (12,3 Prozent).
Nach EU-Definition gelten Menschen als armutsgefährdet, wenn sie weniger als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Einkommens zur Verfügung haben. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren lag die Armutsgrenze 2015 damit bei 1978 Euro.