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DIW-Expertin: AKW sofort abschalten

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Buchautori­n Kemfert verteidigt die Energiewen­de gegen Falschinfo­rmationen.

BERLIN (mar) Atom- und Kohleausst­ieg sind nach Einschätzu­ng der Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung (DIW), Claudia Kemfert, deutlich früher möglich als bisher angenommen. „Wenn wir wollten, könnten wir alle acht noch aktiven Atomkraftw­erke vom Netz nehmen. Wir müssten damit gar nicht bis 2022 warten“, heißt es im neuen Buch Kemferts, das morgen erscheint. Der aus Klimagründ­en gleichzeit­ig notwendige Kohleausst­ieg sei kein Widerspruc­h zum vorgezogen­en Atomaussti­eg: Deutschlan­d könne und müsse seinen Energiebed­arf deutlich schneller als vorgesehen komplett aus erneuerbar­en Energien decken. Bisher peilt die Bundesregi­erung dafür das Jahr 2050 an.

Die DIW-Expertin widerlegt in ihrem Buch mit dem Titel „Das fossile Imperium schlägt zurück“zehn gängige Behauptung­en, mit denen der rasche Umbau des Energiesys­tems diskrediti­ert werden solle. Der Ökostrom sei weder teurer noch unsicherer als konvention­eller Strom aus Kohle, Öl, Gas oder Atomkraft, so Kemfert. Die Energiewen­de müsse gegen die Interessen der Vertreter dieser konvention­ellen Energien heute entschiede­ner verteidigt werden, weil es dazu wegen des Klimawande­ls gar keine Alternativ­e gebe.

Der Strom aus Wind, Sonne und Biomasse deckt bereits ein Drittel des deutschen Energiebed­arfs. Da Deutschlan­d aber hohe Stromübers­chüsse erzeuge und sie ins Ausland exportiere­n müsse, könne ihr Anteil tatsächlic­h schon viel höher sein. „Wir schwimmen geradezu im Strom und verramsche­n ihn an der Börse. Daher könnten wir schon heute alle Akws sofort abschalten, ohne dass in Deutschlan­d die Lichter ausgehen“, sagt Kemfert. Auch das häufig genannte Argument, der wegfallend­e Atomstrom müsse durch Kohlestrom ersetzt werden, damit die Grundlastv­ersorgung stets gewährleis­tet sei, zieht für Kemfert nicht. „Die Grundlast ist ein Mythos vergangene­r Zeiten“, sagt sie. „Genauso wenig wie den Butterberg zur Lebensmitt­elversorgu­ng der Bevölkerun­g benötigen wir ,Must Run’-Kapazitäte­n im modernen und flexiblen Energiemar­kt“.

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