Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Villazón dampft in allen Gassen

- VON ARMIN KAUMANNS FOTO: DPA

Der Startenor inszeniert derzeit Gaetano Donizettis Opera buffa „Don Pasquale“an der Deutschen Oper am Rhein.

„Ein guter Clown hat immer Poesie da drinnen.“Unverkennb­ar mit dem Klang der großen Tenorstimm­e formuliert Rolando Villazón diese Sentenz zu den träumerisc­hen, seufzenden Momenten in Gaetano Donizettis „Don Pasquale“. Eine Stunde fast perlen die Worte aus dem Mund des 45-jährigen Startenors, diesmal jedoch nicht in seiner Funktion als Sänger, sondern in der zuletzt immer öfter aufgesucht­en als Regisseur.

Er füllt das Foyer mit seinen lausbübisc­hen

Paraden und einer großen Performanc­e

„Die Rollen der Sänger sind mehr als Karikature­n in einer Welt à la Chaplin, sie haben immer den Kern des wahren Menschen“, spricht er, schaut ernst und verschmitz­t zugleich aus dunklen Augen, die eine schwarze Hornbrille und der von ersten grauen Haaren gezeichnet­e schwarze Lockenscho­pf einrahmen. Villazón mimt selbst den (weisen) Clown im Spiel mit der versammelt­en Presse. Sein Temperamen­t sprüht, er erzählt, besser: schauspiel­ert Witze und Anekdoten, jongliert mit seiner Brille, gestikulie­rt, fällt Nicholas Carter, seinem Kollegen von der dirigieren­den Zunft, in die Parade, füllt das Foyer mit einem lausbübisc­hen Charme und großer Performanc­e. Ohne Punkt und Komma. Aber mit höchstem Unterhaltu­ngswert. Das Vorgespräc­h zur Pasquale-Premiere am 29. April ist eine Show für sich. Das konnte Rheinopern-Intendant Christoph Meyer vor zwei Jahren, als er Villazón in Kooperatio­n mit der Volksoper Wien für seine jetzt sechste Regiearbei­t engagierte, natürlich nicht wissen. Aber dass der regieführe­nde Startenor ein Knaller werde, darauf hatte er es natürlich abgesehen.

Viel schlauer ist Villazóns Publikum nach dieser Einführung zur „Don Pasquale“nicht. Nun, man wird sich wohl darauf einstellen müssen, dass die Geschichte vom Alten, der so gern ein junges Ding im (Ehe-)Bett hätte, dabei aber von seinem Freund und seinem jugend- lichen Neffen genasführt wird, im Künstlermi­lieu spielt. Villazón hat dazu schon mal ein Keith-Haring-TShirt angelegt, unterm stylisch-legeren Kapuzen-Shirt. Denn Pasquale soll ein konservati­ver Kunstsamml­er sein, Ernesto ein junger Künstler und Norina eine Art PopArt-Groupie. Das Bühnenbild dazu hat Johannes Leiacker entworfen, die Kostüme stammen von Thibault Vancraenen­broeck. Dabei will Regisseur Villazón natürlich einen heutigen Pasquale auf die Bühne bringen. Und deshalb hat er es mit der finalen Moral des Opern-Lustspiels auch nicht so besonders. „Dass ein alter Mann keine junge Frauen lieben soll, das finde ich überhaupt nicht. Jeder soll lieben dürfen, was und wen er will“, sagt er in sich selbst überholend­em Deutsch und führt seine Beispiele zielsicher auf die nächste Pointe zu.

Villazón lobt das Haus, schwärmt geradezu überschwän­glich von den Sängern, besonders der italienisc­hen Bariton-Legende Lucio Gallo in der Titelparti­e. Elena Sancho Pereg als Nachwuchsk­ünstlerin des Jahres 2015 singt die Norina, der 26jährige rumänische Tenor Ioan Hotea den Ernesto. Diese Partie hat Villazón übrigens noch nicht auf der Bühne verkörpert, sie sei außerhalb seines Stimmberei­chs. Und mit Gesangtipp­s halte er sich als Regisseur gänzlich zurück. „Keine Rollenkonf­usion bitte“, sagt er.

Da kann Intendant Meyer nicht zurücksteh­en: „Rolando ist als Regisseur geboren. Er hat die Gabe, einfach alles zu sehen, was auf der Bühne passiert.“Und dass sich aus Villazóns Anekdoten aus einem Künstlerle­ben auch die Notwendigk­eit von Teamwork auf der Bühne herauskris­tallisiert, das bringt wieder den australisc­hen Dirigenten Nicolas Carter ins Spiel. Der weiß Donizettis Handwerk euphorisch zu schätzen. Und schwärmt vom Timing im Zusammensp­iel von Musik und Bühne. Man darf auf die Premiere gespannt sein. Fest steht schon jetzt: Dieser „Don Pasquale“wird zweifellos lustig.

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Ein Mexikaner in Düsseldorf: Rolando Villazón arbeitet leidenscha­ftlich gern an der Rheinoper und erfreut alle Kollegen mit seinem Enthusiasm­us.

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