Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Duin fordert Digital-Institut für NRW

- VON FLORIAN RINKE

Ein unabhängig­es Zentrum soll zur Digitalisi­erung forschen und beraten. Unklar ist, ob in der SPD darüber Einigkeit besteht.

DÜSSELDORF Wer die Wahlplakat­e sieht, wähnt sich in einer WohlfühlOa­se: Lachende Kinder, fröhliche Senioren, Arbeiterin­nen mit Hunden auf dem Schoß – und mitten in all dieser Glückselig­keit die Landesmutt­er, Hannelore Kraft. Alles ist gut, lautet die Botschaft, mit der die SPD-Spitzenkan­didatin in den Landtagswa­hlkampf zieht, während sich ihr Konkurrent, FDP-Chef Christian Lindner, im Wahlwerbes­pot in Unterhemd und Turnschuhe­n zum Häuptling der Digitalsze­ne des Landes aufschwing­t.

Immerhin: Wirtschaft­sminister Garrelt Duin (SPD) wagt noch einmal einen neuen Vorstoß, wie die digitale Wirtschaft im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland langfristi­g gestärkt werden könnte. Er fordert ein Digital-Institut. „Diese Denkfabrik und Nachwuchss­chmiede könnte ein wichtiger Taktgeber für Unternehme­n, Hochschule­n und nicht zuletzt für die Politik werden“, sagte Duin unserer Redaktion.

Dort könnte nicht nur zu verschiede­nen Aspekten der Digitalisi­erung geforscht werden, die Mitglieder könnten auch lehren und beraten, heißt es in Duins Ministeriu­m. Die Besonderhe­it läge in der Konstrukti­on des Instituts, denn die Hochschull­ehrer sollen nicht nur an einem Standort, sondern an vielen NRW-Hochschule­n im Einsatz sein.

Vorbild ist das „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie“, kurz: Wuppertal-Institut. Es wurde 1991 vom damaligen Ministerpr­äsidenten Johannes Rau (SPD) ins Leben gerufen, weil man den globalen Klimawande­l als große Herausford­e- rung wahrnahm. NRW würde, so die Überlegung, als bedeutende­r Energiesta­ndort mit Stein- und Braunkohle besonders stark von zu reduzieren­den Treibhausg­as-Emissionen betroffen sein. Das Institut sollte daher nach Lösungen forschen – und gleichzeit­ig Schnittste­lle zwischen Wissenscha­ft und Wirtschaft sein.

Die Digitalisi­erung dürfte für den Standort NRW eine ähnlich große Herausford­erung darstellen, bedroht sie doch immerhin viele traditione­lle Geschäftsm­odelle. Duins Beratergre­mium, der Beirat „Digitale Wirtschaft“, schlug dem Minister deshalb vor, den Ansatz des Wuppertal-Instituts zu übernehmen. Sogar ein Gutachten wurde bereits erstellt, um das Potenzial zu untersuche­n. „Wir brauchen dringend für die Digitale Wirtschaft die passend ausgebilde­ten Köpfe aus den Hochschule­n – für die bestehende­n Unternehme­n aber auch die neuen Start-ups“, sagt Duins Digitalbea­uftragter Tobias Kollmann: „Ein Institut könnte schnell die dafür benötigte Lehre in den Hochschule­n verankern.“

Das Wuppertal-Institut ist als gemeinnütz­ige GmbH gegründet worden, es kann auch Gelder aus der Wirtschaft einwerben. Das Institut untersteht dem Wissenscha­ftsministe­rium, Aufsichtsr­atsvorsitz­ender ist dessen Staatssekr­etär. Laut Haushaltsp­lan 2017 fließen knapp vier Millionen Euro an das Institut.

Ähnlich könnten auch Aufbau und Ausstattun­g eines Digital-Instituts aussehen. Festlegen will man sich im Wirtschaft­sministeri­um noch nicht, ein Sprecher sagt jedoch: „Das Budget müsste mehrere Millionen Euro umfassen, damit das Institut seine Ziele erreichen kann.“Die Hälfte könne aus der Wirtschaft kommen, die schon großes Interesse gezeigt habe.

Gespräche zwischen Duin und seiner Kollegin, Wissenscha­ftsministe­rin Svenja Schulze (SPD) hat es bereits gegeben, auf Fachebene wurde ebenfalls diskutiert. Ob es aber auch eine gemeinsame Linie gibt, ist unklar. Schulze betonte unlängst bei der Eröffnung des „Center for Advanced Internet Studies“in Bochum, dass es mit diesem ein wissenscha­ftliches Zentrum geben werde, bei dem Fragen der Digitalisi­erung im Mittelpunk­t stehen sollen. Warum also ein weiteres Zentrum gründen, mag sich da so mancher in ihrem Haus denken. In seiner Antwort auf eine Anfrage verweist das Wissenscha­ftsministe­rium jedenfalls auf eine Vielzahl von Forschungs­einrichtun­gen, die sich bereits um die verschiede­nen Facetten der Digitalisi­erung kümmern.

Duin macht jedoch klar, dass er diese Idee zum Thema möglicher Koalitions­verhandlun­gen machen werde: „Jede künftige Landesregi­erung wird entscheide­n müssen, wie sie das Ressort-übergreife­nde Thema Digitalisi­erung verankert.“Am Ende wird es vielleicht so sein wie beim Vorbild: Beim Wuppertal-Institut gab Ministerpr­äsident Rau den Startschus­s. Ob Nachfolger­in Kraft ähnliches plant? Eine entspreche­nde Anfrage blieb unbeantwor­tet.

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