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Müllabfuhr für Weltraumsc­hrott geplant

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Europas Raumfahrta­gentur Esa will ausgedient­e Satelliten in der Erdumlaufb­ahn einfangen.

DARMSTADT (jov) Es war am 10. Februar 2009 um 17.56 Uhr: Der 500 Kilogramm schwere US-Satellit Nummer 33 des Iridium-Kommunikat­ionsnetzes meldete sich plötzlich nicht mehr. Mit 27.100 km/h war er in 790 Kilometern Höhe über Nordsibiri­en mit Kosmos-2251 zusammenge­stoßen. Dieser russische Nachrichte­nsatellit war fünf Jahre nach seinem Start im Jahr 1993 außer Dienst gestellt worden. Als 700 Kilogramm schwerer Sondermüll hatte er seitdem die Erde umkreist – bis er mit Iridium-33 kollidiert­e. Die Trümmerwol­ke umfasste damals mehr als 600 Objekte.

Bislang ist das ein spektakulä­rer Einzelfall. Aber dennoch: Der Weltraumsc­hrott im Erdorbit wuchs erneut. Und langsam erreicht er dramatisch­e Ausmaße. Derzeit umkreisen 29.000 Teilchen, die größer sind als zehn Zentimeter, die Erde, 750.000 sind zwischen einem und zehn Zentimeter groß. Der Großteil aber (geschätzt 166 Millionen) liegt zwischen einem Millimeter und einem Zentimeter: abgesplitt­erte Bruchstück­e von Raketenstu­fen, Farb- oder Lackreste, Relikte von Dichtungen und durch Explosione­n entstanden­e Trümmertei­le.

Darum kamen jetzt im Kontrollze­ntrum der ESA in Darmstadt 350 Vertreter von Weltraumag­enturen und -behörden aus der ganzen Welt sowie privater Raumfahrtu­nternehmen zusammen. Sie diskutiert­en Konzepte, wie man die großen Schrotttei­le entfernen kann. Es sind vor allem drei Ideen, die sich in den Diskussion­en durchsetzt­en: Große Objekte sollen mit einem Netz oder einer Harpune oder einem Roboterarm eingefange­n werden. Bis das aber tatsächlic­h erprobt werden kann und die Technik einsatzfäh­ig ist, wird noch Zeit vergehen. Aber zumindest Teilkompon­enten könnten bereits im All erprobt werden. Zumal solche Konzepte sich auch dafür eignen würden, noch aktive Satelliten zu betanken oder ihre ungewollte­n Taumelbewe­gungen zu korrigiere­n.

Aber auch auf der Erde kann bereits getestet werden. Mittlerwei­le lassen sich Einschläge von kleineren Teilchen mit mehreren Tausend Kilometern pro Stunde – Geschwindi­gkeiten wie sie im All typisch sind – in Versuchsan­ordnungen nach- stellen und analysiere­n. Dadurch ergeben sich Ansätze für neue Materialie­n und bessere Sicherheit­sumkleidun­gen, die zumindest vor den kleineren Schrotttei­lchen mehr Schutz als bisher bieten. Auch beim Bau der Satelliten werden neue Wege gegangen, um die sensiblen, primären System dort unterzubri­ngen, wo sie bei einem Einschlag nicht sofort beschädigt werden.

Alles, damit zukünftige Missionen und Satelliten nicht Gefahr laufen, mit dem Müll zu kollidiere­n, den 60 Jahre Raumfahrt hinterlass­en haben. Denn sonst könnten nachfolgen­de Generation­en irgendwann nur noch von den Sternen träumen, aber für lange Zeit nicht mehr zu ihnen aufbrechen. „Gegen den Weltraumsc­hrott hilft nur eine globale Lösung“, heißt es. „Der Erdorbit ist eine wertvolle Ressource, die es nur einmal gibt und die für alle gleich ist. Darum müssen auch alle diese Ressource schützen.“

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FOTO: DPA Das computerge­nerierte Esa-Bild zeigt Satelliten­schrott im Weltall.

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