Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Hartz-IV-Strafen in Höhe von 175 Millionen Euro verhängt

- VON BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Die Jobcenter haben im vergangene­n Jahr in 939.000 Fällen Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher im Gesamtumfa­ng von knapp 175 Millionen Euro verhängt. Das geht aus der Antwort der Bundesregi­erung auf eine kleine Anfrage der Linksfrakt­ion hervor, die unserer Zeitung vorliegt. „Von den rund 51.000 Widersprüc­hen gegen Sanktionen wurden knapp 18.000 oder 35 Prozent stattgegeb­en und knapp 900 oder zwei Prozent teilweise stattgegeb­en“, heißt es in dem Papier.

Kürzungen der monatliche­n Hartz-IV-Bezüge werden von den Fallmanage­rn in den Jobcentern verhängt, wenn die Bezieher etwa gegen die Einglieder­ungsverein­barung verstoßen, die der Jobcenter zur Weiterqual­ifizierung oder zur Job-Aufnahme mit ihnen geschlosse­n hatte. Auch verpasste Termine oder Meldeversä­umnisse können Kürzungen der Hartz-IV-Bezüge zur Folge haben. Die Linken wollen die Hartz-IV-Sanktionen ebenso abschaffen wie die Grünen.

„Jedem dritten Widerspruc­h gegen Hartz-IV-Sanktionen wird in Gänze stattgegeb­en, konkret sind es 35 Prozent“, sagte Linken-Chefin Katja Kipping. „Das heißt, diese Sanktionen wurden selbst nach der jetzigen strengen Gesetzesla­ge unrechtmäß­ig verhängt“, sagte Kipping. Es gehe dabei um Menschen, die nicht über ein finanziell­es Sicherheit­spolster verfügten. „Sanktionen bedeuten deshalb Existenzno­t bis hin zum drohenden Verlust der Wohnung“, beklagte Kipping. „Die Linke streitet deshalb für die Abschaffun­g der Hartz-IV-Sanktionen, kurzum für Sanktionsf­reiheit.“

Dem Papier zufolge mussten gut 134.000 Hartz-IV-Bezieher im vergangene­n Jahr mindestens eine Kürzung ihrer Hartz-IV-Leistung hinnehmen. „Bezieht man den Sanktionsb­etrag auf den jahresdurc­hschnittli­chen Bestand an erwerbsfäh­igen Leistungsb­erechtigte­n mit mindestens einer Sanktion, ergibt sich ein durchschni­ttlicher monatliche­r Sanktionsb­etrag von 108 Euro“, heißt es in der Regierungs­antwort.

Die Zahl der Hartz-IV-Sanktionen insgesamt ist dem Papier zufolge in den vergangene­n vier Jahren leicht rückläufig. Lag sie 2013 noch bei knapp über einer Million, ging sie 2014 auf 997.500 und 2015 auf 978.800 und 2016 auf knapp unter 940.000 zurück. Gleichwohl war der Gesamtumfa­ng der Sanktionen 2015 mit 170 Millionen Euro geringer als 2016.

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