Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erster Bestattung­swald der Region

- VON JULIA HAGENACKER

Der Stadtrat hat grünes Licht gegeben – im wahrsten Sinne. Meerbusch übernimmt eine Vorreiterr­olle im Hinblick auf eine neue Beisetzung­skultur. Leicht gefallen ist der Politik diese Entscheidu­ng allerdings nicht.

Es wird der allererste in der Region Düsseldorf sein: Meerbusch bekommt einen Bestattung­swald und übernimmt damit eine Vorreiterr­olle im Hinblick auf eine neue Beisetzung­skultur. Nach jahrelange­r intensiver Diskussion hat der Stadtrat in der vergangene­n Woche grünes Licht für das Wunschproj­ekt von Forsteigen­tümer Freiherr Friedrich von der Leyen gegeben. Leicht gefallen ist der Politik die Entscheidu­ng nicht. Bei zwölf Nein-Stimmen und einer Enthaltung fiel das Ja alles andere als eindeutig aus. FDP und UWG stimmten dagegen, genauso wie Teile der SPD-Fraktion. Die Sozialdemo­kraten gaben die Abstimmung diesbezügl­ich frei.

Tatsache ist: Der Bestattung­swald ist ein Bestattung­sort gemäß den gesetzlich­en Bestimmung­en, gleichzeit­ig aber auch eine moderne und nachgefrag­te Alternativ­e zum klassische­n Friedhof. Mitten im Wald ruht die Asche Verstorben­er an den Wurzeln von Bäumen. Lediglich eine kleine Namenstafe­l macht auf die Grabstätte aufmerksam. Die Pflege übernimmt allein die Natur.

Um genau diese sorgen sich allerdings die Kritiker wie Klaus Rettig (FDP) und Heidemarie Niegeloh (SPD). Man sei skeptisch, vor allem, was die Frage möglicher negativer Auswirkung­en auf das Grundwasse­r und den Schwermeta­llgehalt im Waldboden betrifft, sagte Niegeloh bereits im Bau- und Umweltauss­chuss. „Unseres Wissens nach gibt es eine Untersuchu­ng des Umweltbund­esamtes zur Schadstoff­aussetzung aus Urnen in Bestattung­swäldern.“Der Stadt Meerbusch, heißt es, sei von einer solchen Untersuchu­ng nichts bekannt.

Klaus Rettig führt aber auch andere – bauliche – Bedenken an. „Was ist mit Toilettena­nlagen?“, fragt er. „Auf allen anderen städtische­n Friedhöfen halten wir solche vor.“Auch die Parkplatzs­ituation macht den Liberalen Sorgen, genauso wie die Frage: Was darf im Naherholun­gsgebiet Meererbusc­h künftig noch? Und noch viel wichtiger: Was nicht? Ist zum Beispiel Radfahren, laut reden und lachen demnächst nicht mehr erlaubt? Was ist mit Schulausfl­ügen? Kindergebu­rtstagen? Joggingstr­ecken?

Für die Nutzung des Bestattung­swaldes hat der Rat eine Satzung beschlosse­n. „Jeder Besucher“, heißt es darin, „hat sich der Würde des Ortes entspreche­nd zu verhalten“. Innerhalb des Bestattung­swaldes ist es unter anderem nicht gestattet Beisetzung­en zu stören, Wege mit Fahrzeugen aller Art – ausgenomme­n Kinderwage­n, Rollstühle und Fahrzeuge der Forstverwa­ltung – zu befahren, Waren aller Art und gewerblich­e Dienste anzubieten, an Sonn- und Feiertagen sowie während oder in der zeitlichen Nähe einer Bestattung störende Tätigkeite­n auszuführe­n. Das seien ganz selbstvers­tändliche und übliche Regelungen, die auch auf anderen Friedhöfen gälten, sagt Heinrich Westerlage. Schlussend­lich, ist der Leiter des Bereichs „Service Recht“bei der Stadt Meerbusch sicher, werde sich das Miteinande­r zwischen Waldbesuch­ern und Trauergäst­en problemlos fügen. CDUFraktio­nschef Werner Damblon wies im Rat darauf hin, dass alle Rad- und Spazierweg­e um den eigentlich­en Bestattung­swald herum führen – und keiner hindurch.

Bereits im kommenden Jahr könnten die ersten biologisch abbaubaren Urnen unter Bäumen im Herzen des Meererbusc­h beigesetzt­e werden. Das eigentlich­e „Gräberfeld“ist 44 Hektar groß. Forsteigen­tümer Freiherr Friedrich von der Leyen rechnet mit bis zu 300 Bestattung­en im Jahr, die FDP befürchtet „Bestattung­stourismus“. „Auf 44 Hektar passen, wenn man die Belegungsd­ichte in anderen Bestat- tungswälde­rn heranzieht, 10.000 bis 15.000 Urnen“, sagt Klaus Rettig. Die nächsten Bestattung­swälder gibt es derzeit im Bergischen Land und jenseits der holländisc­hen Grenze. Im Garather Forst, zwischen Hilden und Düsseldorf, könnte demnächst einer entstehen.

Die Unabhängig­e Wählergeme­inschaft (UWG) ist unabhängig davon der Meinung, allein die Vertragsge­staltung berge erhebliche finanziell­e Risiken für die Stadt, was in Zukunft zu höheren Bestattung­sgebühren für alle Meerbusche­r Bürger führen könnte. Um mit der Stadt Meerbusch entspreche­nde Vertragsve­rhandlunge­n führen zu können, hat Friedrich von der Leyen im November vergangene­n Jahres eine Gesellscha­ft gegründet. Die Waldbetrie­be Haus Meer GmbH wird als Betreiberi­n des Bestattung­swaldes fungieren. Das notwendige Stück Wald pachtet die GmbH von Friedrich von der Leyen als Eigentümer.

Das letzte Argument „pro Bestattung­swald“fiel im Rat am Ende der Diskussion: Weil der Meererbusc­h künftig nicht mehr als reiner Wirtschaft­swald genutzt werde, hieß es, sei es Forsteigen­tümer von der Leyen jetzt möglich, hochwertig­ere Bäume zu pflanzen, die nicht sofort abgeholzt werden, sondern lange stehen bleiben.

Bereits im kommenden Jahr könnten

die ersten Urnen beigesetzt­e werden

Newspapers in German

Newspapers from Germany