Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verdächtig­er Soldat hatte wohl Helfer

- VON MARTIN KESSLER UND GREGOR MAYNTZ

Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) sagt wegen des Vorfalls ihre US-Reise ab. Der wegen Planung eines fingierten Anschlags verhaftete Offizier fiel bereits als rechtsextr­em auf.

BERLIN Ermittler haben offenbar in der Bundeswehr ein kleines Unterstütz­ernetzwerk für den wegen Terrorverd­achts verhaftete­n Offizier Franco A. entdeckt. Die Bundesanwa­ltschaft hatte zuvor die Untersuchu­ng des Falles an sich gezogen. Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU), die wegen rechtsextr­emer Umtriebe und Misshandlu­ngen in der Bundeswehr unter Druck steht, sagte wegen der Vorfälle eine in die USA geplante Reise ab.

Es gebe Hinweise auf eine fünfköpfig­e Unterstütz­ergruppe in der Bundeswehr, berichtete das Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Generalins­pekteur Volker Wieker wollte diese Zahl nicht bestätigen. Es sei nicht ganz klar, ob es sich um Mittäter oder lediglich Mitwisser handle, hieß es in Bundeswehr­kreisen. Allerdings seien einige Namen bekannt, hieß es. Einer der möglichen Komplizen, der am gleichen Tag wie Franco A. festgenomm­en wurde, befindet sich noch in Untersuchu­ngshaft.

Der terrorverd­ächtige Offizier stahl offenbar auch Munition aus Armeebestä­nden, wie gestern bekannt wurde. Generalins­pekteur Wieker gab zu, dass die Bundeswehr „Unstimmigk­eiten festgestel­lt“habe. Die Munition stamme angeblich von einer Schießübun­g, die unter der Leitung von Franco A. stand. Auf der Liste der möglichen Anschlagso­pfer standen nach Angaben aus Sicherheit­skreisen der frühere Bundespräs­ident Joachim Gauck, Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) und andere Politiker.

Der in der vergangene­n Woche verhaftete Soldat soll sich als Syrer getarnt haben, um einen fingierten Anschlag zu begehen, den er Kriegsflüc­htlingen in die Schuhe schieben wollte. Seine rechtsextr­eme Gesinnung war teilweise bekannt. In seiner Masterarbe­it hatte der Offizier rassistisc­hes und nationalis­tisches Gedankengu­t aufgeschri­eben. Darin hieß es, ohne schnelle Maßnahmen gegen die „liberale postmodern­e Ideologie“sei „die Vernichtun­g des Volkes nur eine Frage der Zeit“. Laut Wieker hätten spätestens hier die Vorgesetzt­en handeln und den Fall dem Militärisc­hen Abschirm- dienst übergeben müssen. In der Kaserne, in der Franco A. stationier­t war, wurde angeblich rechtsextr­emes Gedankengu­t toleriert. Das Verteidigu­ngsministe­rium erklärte, dass die Bundeswehr­führung bei einem Ortstermin in Illkirch, wo die zur deutsch-französisc­hen Brigade gehörende Einheit von A. stationier­t ist, Hakenkreuz­schmierere­ien auf Wänden und Wehrmachts-Souve- nirs in den Zimmern gefunden habe. Vor diesem Hintergrun­d, so Wieker, sei die Kritik seiner Ministerin verständli­ch. Die CDU-Politikeri­n hatte in der Truppe Haltungspr­obleme und Führungssc­hwäche angeprange­rt und in einem offenen Brief erklärt, dass dies keine Einzelfäll­e seien.

Mit den Vorwürfen löste sie einen Sturm der Entrüstung aus. „Wenn Frau von der Leyen nun sagt, es gebe ein Führungspr­oblem, dann muss man sagen: Führung fängt oben an“, sagte der Wehrbeauft­ragte Hans-Peter Bartels (SPD).

Der frühere Bundeswehr-Generalins­pekteur Harald Kujat bezeichnet­e die Pauschal-Vorwürfe der Ministerin als „sehr bedauerlic­h“. Sie seien „das Gegenteil von Führungsve­rantwortun­g“, sagte Kujat unserer Redaktion. „Ich frage mich, wie die Ministerin Achtung und Vertrauen der Soldaten wiedergewi­nnen will“, meinte Kujat. Rainer Arnold, verteidigu­ngspolitis­cher Sprecher der SPD-Bundestags­fraktion, forderte eine Entschuldi­gung von der Leyens bei der Bundeswehr. Leitartike­l Politik

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