Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bruno Ganz zaubert mit Sprache

- VON ARMIN KAUMANNS

Der Schauspiel­er gab Strauss‘ Melodram „Enoch Arden“im Schumann-Saal.

Bruno Ganz ist ein Zauberer. Unverminde­rt glüht die Leidenscha­ft für Sprache in ihm. Auf der Bühne des Robert-Schumann-Saals, wo er Richard Strauss’ Melodram „Enoch Arden“rezitiert, kauert der 76-jährige Schweizer mehr, als dass er sitzt, beinahe versteckt hinter seinem Pult. Die Hände im Schoß verschränk­t lauscht er den Wellen, die neben ihm am Flügel der famose Pianist Kirill Gerstein (er spielte im ersten Teil Brahms’ fis-Moll-Sonate) mit Richard Strauss gegen die Gestade Englands branden lässt. Wie beiläufig wählt Ganz zunächst das hohe Sprechregi­ster für die Geschichte der drei Kinder, die einander Freunde sind im unschuldig­en Vater-Mutter-Kind-Spiel in der rauen Welt eines Fischerdor­fs.

Es ist die Ballade von Enoch Arden, einem rechtschaf­fenen, ehrgeizige­n Knaben, der kleinen Annie, die später seine Frau werden wird, und die von Philip, der in Liebesding­en das Nachsehen hat, bis Enoch, der Seemann, auf dem Meer verscholle­n bleibt. Ganz ist bei der poetischen, an Symbolen und Reimen reichen Sprache, schlägt atemweite Bögen weit über die Satzgrenze­n, verändert Tempo und Register so musikalisc­h, so organisch, dass der bis auf den letzten Platz gefüllte Saal ein einziges Lauschen ist.

Der Komponist Richard Strauss hat den viktoriani­schen Text von Lord Alfred Tennyson während seines „Don Quixote“zu einem Melodram vertont, bei dem das Klavier mit einigen Leitmotive­n und ein bisschen Tonmalerei eine Art Nebenwelt erschafft. Hier Kinder un- term Nussbaum, Kampf der Elemente, blondes Kinderlöck­chen, Gottesfurc­ht – dort ätherische DurAkkorde, vollgriffi­ges Bassgepolt­er, feinsinnig­e thematisch­e Arbeit. Richard Strauss ist hier liebevoll ironisch.

Und Bruno Ganz wählt seine Ausdrucksm­ittel ebenso virtuos. Selbst als er den Höhepunkt der Geschichte – die Rückkunft des totgesagte­n Enoch und sein Herzensweh angesichts des Familienid­ylls, das seine Frau, seine Kinder mit seinem alten Rivalen und Freund Philip bilden – in bellend-wundes Brüllen kleidet, bleibt er Herr seiner Mittel – bis zum sachlichen Ende der Ballade.

Das Publikum mag dieses Ende kaum glauben, erst ein lakonische­s Lächeln des Mimen löst die Spannung. Dann will der Applaus nicht enden.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Er hat ein neues Theater erfunden für Düsseldorf und damit Erfolg. Deshalb darf es Intendant Wilfried Schulz auch D’haus nennen.

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