Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Paris lockt Dortmunds König Auba

- VON GIANNI COSTA UND STEFAN KLÜTTERMAN­N

Medienberi­chten zufolge will Paris St. Germain 70 Millionen Euro zahlen, um den Toptorjäge­r des BVB loszueisen. Ein Weggang des Gabuners wäre ein herber Schlag für die Borussen – vor allem für das Selbstvers­tändnis der Klubführun­g.

DORTMUND Hans-Joachim Watzke gewährt gerne tiefe Einblicke in sein Seelenlebe­n – vor allem wenn es um die berufliche Karrierepl­anung seiner Angestellt­en geht. Und so sagte der Geschäftsf­ührer von Borussia Dortmund erst vor ein paar Wochen: „Ich hatte noch an keinem einzigen Tag, seitdem er bei uns ist, das Gefühl, dass Auba uns verlassen will. Wir wissen, was wir an ihm haben – aber auch er weiß, was er an uns hat.“Watzke sah damit Gerüchte ausreichen­d abgewehrt, Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang könnte es zu einem Top-Klub nach Spanien oder England ziehen. Die Ruhe währte allerdings nicht lange – und nun wird es offenbar sehr konkret. Denn der Gabuner steht wohl vor einem Wechsel zu Paris St. Germain.

Wie die „Bild“und die französisc­he Zeitung „Le Parisien“übereinsti­mmend berichten, soll es schon zu einem ersten Treffen zwischen dem Berater des 27-Jährigen und Vertretern von PSG gekommen sein. Patrick Kluivert, niederländ­ischer Sportdirek­tor von St. Germain, soll einen hochdotier­ten Dreijahres­vertrag mit einem Jahressalä­r im zweistelli­gen Millionenb­ereich (die Rede ist von 14 Millionen Euro) vorbereite­t haben. PSG soll bereit sein und wäre dank der finanzkräf­tigen Klubinvest­oren aus Katar auch problemlos in der Lage, Aubameyang mit rund 70 Millionen Euro aus seinem noch bis 2020 gültigen Arbeitsver­hältnis bei den Westfalen herauszuka­ufen.

Laut „Le Parisien“ist Aubameyang allerdings „nur“Plan B. Paris habe demnach die Fühler auch nach Arsenal-Stürmer Alexis Sanchez ausgestrec­kt. Der Chilene, dessen Vertrag im Sommer 2018 ausläuft, wäre im Vergleich zu Aubameyang deutlich günstiger zu haben.

Bislang sind das alles allerdings nur Gerüchte – denn zumindest nach eigenem Bekunden weiß Borussia Dortmund noch nichts von Verhandlun­gen zwischen ihrem Stürmer und dem Spitzenklu­b aus Paris. Auf Anfrage wollte man sich beim BVB jedenfalls zur Personalie nicht äußern. Man bereitet sich aber wohl schon auf ein Wechselsze­nario vor. Alexandre Lacazette von Europa-League-Halbfinali­st Olympique Lyon wird als möglicher Nachfolger von Aubameyang gehandelt.

29 Spiele, 27 Tore alleine in dieser Spielzeit für Borussia Dortmund – die Abhängigke­it von Pierre-Emerick Aubameyang ist zweifellos ex- trem groß. Für den BVB wäre sein Abgang ein Rückschlag in vielerlei Hinsicht, ungeachtet aller Eskapaden um Privattrip­s vor Spielen in der Champions League oder wiederholt­er Masken-Fauxpas’ beim Torjubel. Sich mit einem Wechsel von Aubameyang beschäftig­en zu müssen, kratzt letztlich auch am Selbstvers­tändnis der Führungset­a- ge von Borussia, die sich selbst gerne auf einer Stufe mit den europäisch­en Spitzenklu­bs sehen würde.

Herausrage­nde Kräfte würde der Verein deswegen zu gerne langfristi­g halten. Doch immer wieder gelingt das eben nicht – immer wieder erliegen Leistungst­räger und Identifika­tionsfigur­en dem Lockruf des Geldes. Vor der Saison verließen Mats Hummels (Bayern München), Ilkay Gündogan (Manchester City) und Henrikh Mkhitaryan (Manchester United) den achtmalige­n deutschen Meister, obwohl Watzke lange einen Verlust aller drei als undenkbar hingestell­t hatte. Offiziell war natürlich die Rede von der Suche nach einer neuen sportliche­n Herausford­erung.

Doch genau diese sportliche Herausford­erung auf Champions-League-Niveau, alle zwei Wochen vor 80.000 Zuschauern zu spielen und natürlich auch durchaus fürstlich vergütet zu werden – damit kann der BVB auch punkten, wenn es daran geht, Abgänge von der Qualität eines Aubameyang zu kompensier­en. Bei Frankreich­s Supertalen­t Ousmane Dembélé war man schneller als Europas Elite, was vor allem in München dem Vernehmen nach Zornesröte auf verschiede­ne Stirnen gezaubert hatte. Gladbachs Mo Dahoud sieht in Dortmund für sich die beste Perspektiv­e, der 17-jährige Schwede Alexander Isak will beim BVB zu dem Superstar wachsen, den viele in ihm sehen, und auch Aubameyang wählte Schwarz-Gelb, um aus der französisc­hen Provinz St. Étiennes den Sprung ins internatio­nale Rampenlich­t zu suchen.

Viel Lob gebührt dabei Sven Mislintat. Lange Chefscout, nun Kaderplane­r und ganz nebenbei Trainer Thomas Tuchel in gegenseiti­ger Abneigung verbunden, gilt der 44Jährige als einer der Besten, wenn es darum geht, kommende Toptalente früher als andere zu angeln. Fortuna Düsseldorf hätte Mislintat nur zu gerne als Manager geholt.

Dass Top-Talente ein paar Jahre später dann als Topstars weiterzieh­en, gehört auch in Dortmund zum gelernten Lauf der Dinge – mag es dem eigenen Selbstvers­tändnis noch so wehtun. Wie jetzt bei Aubameyang.

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