Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Osterath kämpft für Vahid Faiazi

- VON LAURA HARLOS

Seit über einem Jahr lebt der 18-jährige Afghane bei der Familie Rowland. Ende April wurde sein Asylantrag abgelehnt.

Es sollte ein Interview mit Vahid Faiazi und seiner Gastfamili­e, den Rowlands aus Osterath, werden. Doch eine ganze Fußballman­nschaft in blau-weißen T-Shirts steht im Wohnzimmer des Hauses am Inger Weg. „Aus unserer Kette wird ein Bindeglied gerissen“, sagt A-Jugend-Trainer des OSV, Ralf Ries, „wir wollen, dass Vahid bleibt.“

Der 18-jährige Afghane lebt seit eineinhalb Jahren bei der Familie Rowland. Davor kam er in einer Turnhalle in Strümp unter, in der er Peter Rowland kennenlern­te. Der Vater von drei Söhnen arbeitete für die Johanniter in der Flüchtling­sunterkunf­t. Weihnachte­n 2015 hatten sie den Jungen das erste Mal zu sich eingeladen. „Für mich ist Vahid mein Bruder“, sagt Lennart Rowland (14). Er könne nicht verstehen, wieso das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (BAMF) seinen Bruder zurück nach Afghanista­n schickt, obwohl es dort gefährlich ist. Besonders für Vahid als Mitglied der Hazara, einer verfolgten Minderheit. „Die widersprec­hen sich in ihrem Schreiben.“

Das Ablehnungs­schreiben, das Ende April im Briefkaste­n landete, besteht aus viel Papier. Auf rund 20 Seiten begründet das Bamf seine Entscheidu­ng. „Es droht dem An- tragsstell­er auch keine individuel­le Gefahr für Leib oder Leben“, heißt es in einem Absatz. Auf Anfrage der Redaktion schreibt das BAMF im Fall Vahid: „Herr Faiazi konnte eine begründete Furcht vor Verfolgung in seinem Herkunftsl­and nicht glaubhaft machen. Die Angaben waren sehr oberflächl­ich und wenig detaillier­t.“

„An viele Dinge aus seiner Kindheit kann sich Vahid nicht mehr erinnern. Aber das ist doch ganz normal“, sagt Stefanie Rowland, „der Junge war so aufgeregt bei der Anhörung.“Für Organisati­onen wie Pro Asyl sind die Ablehnunge­n pauschaul und unprofessi­onell. „Es gibt in Afghanista­n keine sicheren Gebiete“, sagt Geschäftsf­ührer Günter Burkhardt. Und ohne Familie und soziales Netzwerk habe Vahid ohnehin geringe Überlebens­chancen.

Vahids Eltern wurden von den Taliban getötet. Damals war er gerade fünf Jahre alt. Bei seinem Onkel, der drogensüch­tig und gewalttäti­g gewesen sein soll, lebte er bis zu seinem 13. Lebensjahr. Dann floh er mit Nachbarn gemeinsam in den Iran. „Ich habe in Afghanista­n keine Verwandten oder Freunde“, sagt Vahid, „ich weiß nicht, ob mein Onkel noch lebt. Meine Zuhause Meerbusch.“

Die Familie aus Osterath will ihren Sohn Vahid nicht aufgeben. Gegen den Ablehnungs­bescheid haben sie Klage eingereich­t. Damit haben die Rowlands Zeit gewonnen. „Wenn Vahid gehen muss, hätte er doch seine besten Freunde verloren“, sagt der sechsjähri­ge Henry Rowland, der Jüngste in der Familie.

Ein Funke Hoffnung bleibt: Denn es gibt eine Möglichkei­t, die Vahids Fall unter ein Abschiebev­erbot fallenlass­en würde. „Er braucht eine zweijährig­e Ausbildung, die noch dieses Jahr beginnt“, sagt Mutter Stefanie, „damit wäre eine Abschiebun­g verboten.“Seit mehr als einem Jahr besucht Vahid die Berufsschu­le in Neuss, mittlerwei­le spricht er fast fließend Deutsch. Allerdings hat er noch keinen Schulabsch­luss.

„Vahid ist wissbegier­ig und lernt unglaublic­h schnell dazu“, sagt Fußballtra­iner Ries. 15 Tore hat er in der Rückrunde geschossen. „Er ist ein super Typ, auf dem Platz und auch daneben“, ergänzt Teamkolleg­e Bejamin Appel. Gemeinsam mit der Mannschaft hat die Familie Rowland eine Online-Petition gestartet. 5.130 Unterstütz­er haben bereits für „Unser ,Sohn’ Vahid soll in unserer Familie und somit in Deutschlan­d bleiben!“unterschri­eben.

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RP-FOTOS (2): LAURA HARLOS Alle für einen: Die A-Jugend-Mannschaft des Osterather SV setzt sich für ihren Mitspieler Vahid Faiazi (l. neben Gastmutter Stefanie Rowland) ein.

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