Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Frankreich braucht eine Reform-Koalition
Emmanuel Macron ist wie aus dem Nichts französischer Präsident geworden. Doch wenn er bei den Parlamentswahlen in vier Wochen keine Mehrheit erringt, drohen ihm fünf frustrierende Jahre unter den goldenen Lüstern im Elysée-Palast. Denn schon formieren sich seine Gegner. Ein Teil der Gewerkschaften macht bereits mobil gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen, unterstützt vom Linkspoplisten Jean-Luc Mélenchon, der pathetisch zum Widerstand gegen Macron aufruft, als handele es sich um einen deutschen Besatzer. Von rechtsaußen will Marine Le Pen zur führenden Oppositionskraft aufsteigen, und auch die Konservativen lechzen nach Revanche für ihre böse Schlappe bei der Präsidentenwahl.
Aber genau dieses sektiererische, dieses egoistische Verhalten ist verantwortlich für den Abstieg Frankreichs und für den katastrophalen Vertrauensverlust seiner politischen Klasse. Das Neue an Macron ist seine Forderung nach einem Bruch mit dem bisherigen politischen System, das geprägt ist vom scharfen Rechts-Links-Gegensatz. Die Unversöhnlichkeit, mit der Konservative und Sozialisten sich bekämpfen, hat Frankreich ruiniert. Jetzt kann es nur eine Koalition der Reformwilligen retten. BERICHT MACRONS SIEG BEFEUERT EU-DEBATTE, TITELSEITE
Düsseldorf ist nicht Kiel
Wer hätte das gedacht nach Martin Schulz’ fulminantem Start im Januar, als seine SPD in Umfragen die Union überrundete? Nach zwei klaren Niederlagen im Saarland und in Schleswig-Holstein sind die Sozialdemokraten gefühlt dort, wo sie sich vor der Kür ihres Kanzlerkandidaten befanden – im Nirwana einer virtuellen Volkspartei.
Schon schreiben die ersten Auguren, dass es auch für die beliebte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eng werden könnte. Schließlich haben der Herausforderer Laschet und seine CDU kräftig aufgeholt. Doch so einfach ist es nicht. Zwar ist eine Überraschung nicht ausgeschlossen. Aber in ihrem Stammland NRW ist die SPD ganz anders verankert, der mäßigen Bilanz Krafts zum Trotz.
Man muss zugeben, dass die Sozialdemokraten mit der Herausforderin Rehlinger im Saarland und Amtsinhaber Albig in Schleswig-Holstein personell wenig überzeugt haben. Doch darauf kommt es an – weniger auf die zum Teil schwammigen Konzepte. Insofern wird es nach den jüngsten CDU-Siegen keinen Automatismus in Nordrhein-Westfalen geben. BERICHT SPD MACHT SICH MUT FÜR NRW-WAHL, TITELSEITE
Der vage Herr Schulz
Mit Spannung hat die Wirtschaft auf die Grundsatz-Rede von Martin Schulz gewartet. Oberflächlich hört sie sich gut an: Er will auf unerfüllbare Sozialversprechen verzichten, lobt Europa, beruft sich auf Erhard und Schröder. Doch was die Rhetorik nicht verdecken kann: Vom Wirtschaftswunder-Minister und Agenda-Kanzler ist Schulz weit entfernt. Erhard und Schröder drängten den Staat zurück und muteten ihren Parteien etwas zu. Schulz dagegen bleibt vage und will die SPD bei Laune halten. Wo er konkret wird, setzt er auf die Renaissance des Staates. Das fängt mit der längeren Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld an und setzt sich mit der Investitionsoffensive fort. Gegen mehr Geld für Schulen, Straßen, Breitband hat keiner etwas. Doch Politik ist nicht „Wünsch dir was“, sondern „Mach mal was“. Und hier bleibt Schulz Antworten schuldig. Wie will er die milliardenschwere Offensive finanzieren? Durch neue Schulden oder Steuern? Allen wohl, keinem weh – Schulz hat die Chance vertan, klar zu sagen, was er will. Dass er ein Bündnis mit der Linken nicht klar ausschließt, passt ins Bild. BERICHT SCHULZ GEHT AUF DISTANZ, SEITE