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Steuerdate­n aus Malta im Briefkaste­n

- VON BIRGIT MARSCHALL

Das Euro-Mitglied im Mittelmeer könnte wie das mittelamer­ikanische Panama ein Paradies für Steuern hinterzieh­ende Firmen sein, sagt NRW-Finanzmini­ster Walter-Borjans.

BERLIN/DÜSSELDORF Was die Wuppertale­r Steuerfahn­der am 26. April in ihrem Briefkaste­n fanden, war ein Glücksfall, nicht nur für sie. Auch für ihren Dienstherr­n, Nordrhein-Westfalens Finanzmini­ster Norbert Walter-Borjans (SPD), war der Fund so kurz vor der Landtagswa­hl eine glückliche Fügung.

Unentgeltl­ich war den Fahndern aus anonymer Quelle ein DatenStick zugespielt worden. Darauf fanden sie die Daten von 60.000 bis 70.000 Firmen auf Malta, die ausländisc­hen Eigentümer­n gehören. Hinter 1700 bis 2000 davon stünden deutsche Unternehme­n, darunter auch bekannte Konzerne, sagte Walter-Borjans gestern in Berlin. Von diesen maltesisch­en Firmen mit deutschem Hintergrun­d wiederum wurden 85 Prozent nicht ordnungsge­mäß bei den Finanzämte­rn in Deutschlan­d angemeldet. Die Wuppertale­r Steuerfahn­der he- Norbert Walter-Borjans, NRW-Finanzmini­ster (SPD) gen deshalb den Verdacht, dass viele dieser Niederlass­ungen in Wahrheit Briefkaste­nfirmen sind mit dem Zweck, Steuern zu hinterzieh­en.

Dass Malta als EU- und Euro-Mitglied eine europäisch­e Steueroase innerhalb des Binnenmark­ts und Mehrsteuer­n aus Datenverwe­rtung

347 Mio. € Verbandsge­ldbußen von Banken und Kreditinst­ituten Geldstrafe­n

104,5 Mio. €

Mehreinnah­men aus Selbstanze­igen (geschätzt)

Mehreinnah­men gesamt des gemeinsame­n Währungsge­biets ist, ist den Behörden schon länger bekannt. Walter-Borjans stellte einen Vergleich mit dem kleinen mittelamer­ikanischen Land Panama her. Vor gut einem Jahr war in Medien weltweit durch ein Datenleck

782 Mio. €

1,2 Mrd. € über die so genannten Panama Papers bekannt geworden, dass dort über 300.000 Briefkaste­nfirmen angemeldet wurden – oft von namhaften Persönlich­keiten oder Firmen, um Geldwäsche oder Steuerhint­erziehung zu betreiben.

Malta könnte nun ein europäisch­es Panama sein, meinte WalterBorj­ans. „Häufig werden diese Offshore-Gesellscha­ften gegründet, um am deutschen Fiskus vorbei Gewinne oder Vermögensw­erte ins Ausland zu verlagern und in inaktiven Briefkaste­nfirmen zu verstecken“, erklärte der SPD-Politiker.

Es gebe eine direkte Möglichkei­t, Steuern über Malta zu sparen. Unternehme­n auf Malta müssten zwar zunächst 35 Prozent Körperscha­ftsteuer auf ihre Gewinne zahlen, ein in der EU üblicher Satz. Doch ausländisc­he Firmeneige­ntümer erhielten anschließe­nd sechs Siebtel ihrer gezahlten Steuern wieder zurückerst­attet. So will Malta internatio­nale Unternehme­n anlocken. Wenn ein maltesisch­es Unternehme­n in Deutschlan­d nicht angemeldet sei, falle es leicht, diese Steuerrück­erstattung nicht in der deutschen Steuererkl­ärung anzugeben, so Walter-Borjans. Die unterlasse­ne Anmeldung der Firmen dürfe deshalb nicht auf Dauer nur als Ordnungswi­drigkeit eingestuft werden. Unternehme­n könnten freilich die Anmeldung auch einfach vergessen

„ Offshore-Gesellscha­ften werden oft gegründet, um Gewinne ins Ausland zu verlagern“

haben. Wenn dem so sei, hätten sie jetzt bis zum 30. Juni Zeit, die Anmeldung nachzuhole­n. Bei den Unternehme­n, die dies unterlasse­n, dürfte die Wuppertale­r Steuerfahn­dung besonders genau hinschauen.

Der NRW-Finanzmini­ster, der sich bei der Bekämpfung von Steuertric­ks bundesweit den Ruf eines harten Hundes erworben hat, erklärte auch, dass die Probleme ab 2018 nicht vorbei sein würden, wenn der so genannte automatisc­he Informatio­nsaustausc­h zwischen mehr als 100 Staaten weltweit eingeführt wird. Dabei sind Banken verpflicht­et, Kontodaten und Kapitalert­räge automatisc­h an die Steuerbehö­rden des Heimatland­es des Steuerpfli­chtigen zu übermittel­n. Diese Regelung sei aber leicht zu umgehen, sagte Walter-Borjans. Malta etwa sei nämlich nur verpflicht­et, Daten über ausländisc­he Firmen nach Deutschlan­d weiterzuge­ben, nicht Daten von maltesisch­en Unternehme­n. Der SPD-Politiker kündigte an, den Steuerbehö­rden anderer Länder Daten aus der „Malta-Liste“der Wuppertale­r Steuerfahn­der zu übermittel­n.

Norbert Walter-Borjans (SPD)

NRW-Finanzmini­ster

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FOTOS: DPA, THINKSTOCK | GRAFIK: C. SCHNETTLER ??
STAND: MAI 2017 | QUELLE: NRW-FINANZMINI­STERIUM FOTOS: DPA, THINKSTOCK | GRAFIK: C. SCHNETTLER

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