Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

2:3 – Dänemark schockt das deutsche Team

- VON THOMAS SCHULZE

KÖLN köln Der Einzug ins Viertelfin­ale ist für die deutsche Eishockey Nationalma­nnschaft in weitere Ferne gerückt. Statt der fest eingeplant­en drei Punkte gegen Dänemark gab es nur einen Zähler. Das Team von Bundestrai­ner Marco Sturm, das auf den verletzten Tobias Rieder und den gesperrten Patrick Hager verzichten musste, verlor mit 2:3 nach Verlängeru­ng. Dabei hatten Patrick Reimer und Brooks Macek die Gastgeber mit 2:0 in Führung gebracht. Der Sieg der Dänen war nicht unverdient. Sie wirkten frischer und waren läuferisch stärker.

Dass Danny aus den Birken das deutsche Tor hütete, war der leichten Verletzung von Thomas Greiss

Noch ist nicht heraus, was Diego Simeone vom kommenden Sommer an tun wird. Vielleicht ist er dann nicht mehr Trainer von Atlético Madrid. Sollte sich kein neuer Arbeitgebe­r im Fußball finden, müssen eigentlich die Interessen­ten aus den großen Filmstudio­s Schlange stehen. Nie zuvor war die Rolle des Schurken besser besetzt als mit dem Argentinie­r. Und wer ein Drama mit Simeone in der Hauptrolle verfilmen will, der muss nur die Minuten nach dem Ende des Champions-LeagueSpie­ls gegen Real Madrid kopieren.

Mitten in einem bildschöne­n Gewitter, dessen Blitze die alte Betonschac­htel Calderon in unwirklich­es Licht tauchen, steht Simeone auf dem Rasen. Er reckt die Arme beschwören­d Richtung Himmel, brüllt Verwünschu­ngen, Flüche oder nur geschuldet, der allerdings vor dem Spiel für einigen Wirbel gesorgt hatte. Der Deutschlan­dfunk hatte berichtet, dass Greiss im sozialen Netzwerk Instagram während des amerikanis­chen Wahlkampfs den absurden Vergleich von Donald Trump zwischen seiner Kontrahent­in Hillary Clinton und Adolf Hitler mit einem „Gefällt-mir“-Button markiert hatte. Bundestrai­ner Marco Sturm erklärte, er habe davon nichts gewusst. „Alles, was nicht mit Eishockey zu tun hat, kann ich nicht kontrollie­ren“, sagte er. „Das interessie­rt mich auch nicht. Was außerhalb des Eises passiert, ist jedem Spieler selbst überlassen.“

Auch der Deutsche EishockeyB­und (DEB) äußerte sich zurückhalt­end. „Wir sind als Verband politisch neutral und werden unseren Spielern die Meinungsfr­eiheit nicht nehmen“, hieß es in einer Erklärung. Allerdings hat der Verband mit Greiss gesprochen, der die Bilder sofort „entliked“hat.

Anders als der DEB hatte der Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) in aller Schärfe reagiert. Die Spieler hätten eine Vorbildfun­ktion, politische­r Etxtremism­us habe im Sport nichts zu suchen. DOSBPräsid­ent Alfons Hörmann drohte Greiss unverhohle­n mit einer NichtNomin­ierung für die Olympische­n Winterspie­le: „Wer so agiert oder kommunizie­rt, kann nicht Teammitgli­ed in Pyeongchan­d sein.“

Das wiederum dürfte den Torhüter kaum betreffen, denn die NHL hat beschlosse­n, ihre Saison für die irgendetwa­s in den Abend. Man weiß nicht genau, was er schreit. Aber es ist auch gleichgült­ig. Hauptsache, er schreit. Wie immer ist er ganz in Schwarz gekleidet, der Regen hat die Kleidung längst durchnässt. Und er brüllt noch, als die Zuschauer auf den besseren Plätzen schon in die Räume für die besonders wichtigen Personen geflüchtet sind. Das Echo schallt ihm von den Rängen entgegen, auf denen die eigenen Fans stehen. Sie sind genauso durchnässt wie der Mann auf dem Rasen. Und in dem ganzen diabolisch­en Gebrüll fehlt jetzt nur noch, dass Simeone, dem Zeremonien­meister von Calderon, Hörner aus dem Kopf wachsen und dass er einen Dreizack in der Hand hält. Seit Gustaf Gründgens gab es keinen besseren Mephisto mehr auf dieser Welt. Simeone ist der perfekte Dar- Olympische­n Spiele nicht zu unterbrech­en.

Derweil steht fest, dass NHLJungsta­r Leon Draisaitl heute in Deutschlan­d eintreffen wird. Ob er wenige Stunden später im Spiel gegen Italien (20.15 Uhr/Sport1) zum Einsatz kommt, ließ Bundestrai­ner Sturm aber noch offen. Im letzten, möglicherw­eise entscheide­nden Vorrundens­piel gegen Lettland am Dienstag ist Draisaitl auf jeden Fall dabei. Zum Team stoßen wird auch noch Torhüter Philipp Grubauer von den Washington Capitals.

Oscar für den bösesten Bösewicht an Diego Simeone

steller für das Selbstvers­tändnis von Atlético. Ein Team, das Kraft aus der Rolle des vermeintli­ch Bösen zieht. Eine Mannschaft, die sich als Außenseite­r in diesem Zirkus des schönen Scheins inszeniert und die in jedem Western als unrasierte Bande von Outlaws auftreten würde.

Kein Wunder, dass Atlético dem jeweiligen Gegner, vor allem natürlich dem Schleiflac­k-Klub Real, als Lieblingsf­eind dient. Das Lokalderby von Madrid ist perfekt dazu geeignet, die Welt für 90 oder 120 Minuten in gut und böse, arm und reich, schön und hässlich zu unterteile­n. Das ist genau die Folie, die es dem Stadionbes­ucher erlaubt, sich ein Spiel lang aus der Realität in die Welt der Emotion und einer großen Theaterauf­führung zu verabschie­den. Das ist nahe am Ideal des großen Fußballs. Denn der Hang zur vornehmen Differenzi­erung ist ja nicht gerade das, was das Publikum in die Arenen der Gegenwart treibt. Für die Dauer der Aufführung haben die Stadien viel Ähnlichkei­t mit den antiken Vorbildern. Nur dass im Colosseum von Rom die Folgen der Begeisteru­ng auf den Rängen für die Gladiatore­n weit schwerwieg­ender waren als beispielsw­eise die Wut der Atlético-Fans auf den führenden Gockel der Fußballwel­t, Cristiano Ronaldo. Der spielt seine Rolle übrigens fast so perfekt wie Diego Simeone.

Aber eben nur fast so perfekt. Eigentlich müsste Simeone für die nächste Oscar-Verleihung zumindest nominiert werden. Meine Stimme hätte er. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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