Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Maas: Im Internet wird zu wenig gelöscht

- VON GREGOR MAYNTZ

Der Bundesjust­izminister verteidigt sein umstritten­es Gesetz gegen Hass im Netz vor dem Bundestag.

BERLIN Noch vor der Bundestags­wahl soll die Pflicht zum Löschen von Hasskommen­taren und Falschbeha­uptungen in den sozialen Netzwerken gesetzlich verschärft werden. Weil strafbare Inhalte derzeit nur zwischen ein Prozent (Twitter), 39 Prozent (Facebook) und 90 Prozent (Youtube) getilgt werden, will Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) die bestehende­n Verpflicht­ungen in einem dreistufig­en Verfahren erzwingen. Netzwerke mit über zwei Millionen Nutzern müssen ein profession­elles Beschwerde­management aufbauen und regelmäßig Bericht erstatten. Zudem haben sie künftig offenkundi­g rechtswidr­ige Inhalte innerhalb von 24 Stunden zu löschen, schwierige­r zu beurteilen­de Gesetzesve­rstöße innerhalb von einer Woche.

Das sogenannte Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz (NetzDG) debattier- te der Bundestag nun in erster Lesung. Es folgt die Detailbera­tung in den Ausschüsse­n, die sich dazu auch mit den Einschätzu­ngen von Experten befassen werden. Es zeichnet sich ab, dass der Entwurf bei derartigen Anhörungen durchfalle­n wird. Die Opposition und fachkundig­e Organisati­onen sehen die Meinungsfr­eiheit in Deutschlan­d in Gefahr. Insbesonde­re geht es bei der Kritik um die Entscheidu­ng von Maas, die Qualifizie­rung von rechtlich gerade noch möglichen Meinungsäu­ßerungen und strafbaren Beleidigun­gen oder Falschdars­tellungen in private Hände zu legen.

Maas betonte, dass die hohen Bußgelder zwischen fünf und 50 Millionen Euro nur denjenigen drohen, die „systematis­ch versagen“, sich also komplett weigern, ein anwenderfr­eundliches und funktionie­rendes Beschwerde­system mit Löschfunkt­ionen zu schaffen. „Hass im Netz ist der wahre Feind der Meinungsfr­eiheit“, sagte der SPD-Politiker. „Die gängige Praxis zeigt, es wird nicht zu viel gelöscht, sondern leider viel zu wenig.“

„Wir brauchen das Gesetz möglichst bald“, unterstric­h der niedersäch­sische Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD). Auch für Facebook, Twitter & Co. müsse es verbindlic­he Regeln geben, die dann auch einzuhalte­n seien. „Wenn die sozialen Netzwerke klug sind, machen sie mit, denn es ist sicherlich nicht in ihrem Interesse, wenn sich bei ihnen nur die dunkle Seite versammelt, dann gerät auch ihr Geschäftsm­odell in Ge-

Boris Pistorius fahr“, sagte der Minister unserer Redaktion. Meinungsfr­eiheit sei etwas anderes als pure Menschenve­rachtung. Wer sich durch das Anwenden der Regeln in seiner Meinungsfr­eiheit verletzt sehe, dem stehe der Klageweg offen. Zugleich schlug Pistorius eine zeitliche Begrenzung vor. „Wir sollten das Netzwerkdu­rchsetzung­sgesetz in zwei Jahren evaluieren und überprüfen, wie es wirkt und wo sich möglicherw­eise Korrekture­n anbieten“, erklärte der SPD-Politiker.

Rund 50 Anhänger der rechtsextr­emen „Identitäre­n Bewegung“versuchten vergeblich, mit „Maas muss weg“-Rufen das Justizmini­sterium in Berlin zu stürmen. Sie protestier­ten gegen das Gesetz und wollten mit einer Leiter in das Gebäude eindringen. Maas befand sich nach Ministeriu­msangaben in seinem Büro in Sicherheit. Die Polizei beendete den Protest und stellte einzelne Personalie­n fest.

„Auch für Facebook, Twitter & Co. muss es verbindlic­he Regeln geben“

niedersäch­sischer Innenminis­ter

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