Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkel will für Weidmann als EZB-Chef werben

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FRANKFURT (anh/mar) Mario Draghi (69) ist als Präsident der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) einer der mächtigste­n Männer Europas. Seine Amtszeit endet 2019, schon jetzt beginnt die Nachfolge-Debatte. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollen dabei deutsche Ansprüche geltend machen. Laut „Spiegel“haben sie vor, sich für Bundesbank-Präsident Jens Weid- mann (49) einzusetze­n. Ihr Argument: Nach einem Niederländ­er, einem Franzosen und einem Italiener sei es nun an der Zeit, dass ein Deutscher an die EZB-Spitze rücke. Weidmann soll bereit sein, sollte ihm das Amt angetragen werden.

Auf die Frage, wie die Stellenbes­chreibung für den EZB-Chef aussehen müsste, hatte Weidmann im März unserer Redaktion gesagt: „Er muss ein guter Geldpoliti­ker sein mit Blick für das Wesentlich­e.“Zur Frage, ob es ein Deutscher sein dürfe: „Ich fände es eigenartig, wenn man ein Land ausschließ­t.“

Doch auch die Franzosen werben für ihren Notenbank-Präsidente­n François Villeroy de Galhau (58). Ihr Argument: Jetzt, wo der europafreu­ndliche Emmanuel Macron als französisc­her Präsident gewählt worden sei, müsse Europa im Gegenzug Macron stärken. Dazu kön- ne beitragen, das einflussre­iche Amt erneut einem Franzosen zu übertragen. Von 2003 bis 2011 hatte Jean-Claude Trichet die EZB geführt. Für Villeroy de Galhau spricht, dass er die ultralocke­re Geldpoliti­k überzeugt mitträgt, mit der die EZB den Krisenstaa­ten hilft. Weidmann dagegen hat das milliarden­schwere Anleihe-Kaufprogra­mm der EZB oft kritisiert. Ohnehin sind die Deutschen wegen ihrer Sparpoliti­k in Staaten wie Griechenla­nd unbeliebt. Anderersei­ts soll Villeroy de Galhau nicht das Format von Trichet haben, heißt es in Berliner Kreisen. Zugleich stehen die Deutschen für gut ein Viertel der Hilfen ein. Am Ende dürfte es darauf ankommen, ob Merkel die MachtKarte ziehen und Weidmann durchsetze­n will. Auch denkbar: Man verständig­t sich auf einen Kompromiss­kandidaten aus Nordeuropa.

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