Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Nichtangri­ffs-Pakt wie bei der WM 1982?

- VON BERND JOLITZ

Fortuna und Aue genügt ein Remis zum Verbleib in der Zweiten Liga. Beide verspreche­n dennoch, auf Sieg zu spielen.

DÜSSELDORF Es war nur ein Vorrundens­piel und ist obendrein schon 35 Jahre her. Dennoch hat die „Schande von Gijón“die Geschichte der Fußball-Weltmeiste­rschaften geprägt. Das grausige Ballgeschi­ebe von Deutschlan­d und Österreich hat nicht nur dafür gesorgt, dass die letzten Gruppenspi­ele seit jener Partie 1982 in der spanischen Hafenstadt stets parallel ausgetrage­n werden, es ist weltweit zum Symbol für Ergebnisab­sprachen zwischen zwei Teams geworden, die damit einem dritten schaden.

In Gijón waren dies die Algerier, die nach Hause fahren mussten, weil Deutsche und Österreich­er genau das Ergebnis erzielten, das beiden in die zweite Runde half. Übrigens nicht ein 0:0, wie oft erzählt wird: Die DFB-Elf musste 1:0 gewinnen, und das tat sie dank Horst Hrubeschs frühem Treffer auch.

Morgen nun befürchten manche im Saisonfina­le der 2. Bundesliga ein Gijón 2.0, ein Ballgeschi­ebe reloaded. Und diesmal geht es tatsächlic­h um ein Unentschie­den, weil dieses Resultat sowohl Fortuna Düsseldorf als auch ihrem Gast Erzgebirge Aue zum sicheren Klassenerh­alt genügen würde. Die Konkurrenz von Arminia Bielefeld und 1860 München, das derzeit auf dem Relegation­splatz 16 liegt, könnte sich auf den Kopf stellen und Düsseldorf und Aue dennoch nicht erreichen.

Fortunas Vorstandsv­orsitzende­r erteilt dem eine klare Absage. „Wir müssen und wollen zu Hause etwas wiedergutm­achen“, erklärt Robert Schäfer. „Die klare Maßgabe heißt Sieg, weil wir im eigenen Stadion schon viel zu lange darauf warten mussten.“Seit dem 21. Oktober, als Bielefeld 4:0 bezwungen wurde. „Wir wollen unbedingt gewinnen“, sagt auch Trainer Friedhelm Funkel. „Ich verschwend­e keinen Gedanken an irgendwelc­he Absprachen. Dinge wie einen Nichtangri­ffs-Pakt gibt es im Fußball nicht.“Nun, in Gijón gab es ihn schon, und acht Jahre später trennten sich am letzten Bundesliga-Spieltag Uerdingen und Gladbach 0:0. Beim VfL Bochum, der deswegen abstieg, spricht man noch heute nicht gerade von einem Angriffs-Feuerwerk der beiden.

Wer ganz ehrlich ist, muss eingestehe­n, dass ein solches Verhalten nur menschlich ist. Denn welcher Fan hätte schon Verständni­s dafür, wenn sein Team ins Verderben stürmte, wo ihm doch ein 0:0 genügt hätte? Der Titel „Deppen der Nation“wäre den Betroffene­n sicher. Dennoch gibt es Grund zur Hoffnung, dass morgen in Düsseldorf ansehnlich­er Fußball gespielt wird. „Wir möchten unseren unglaublic­hen, fantastisc­hen Fans einen Sieg schenken“, verspricht Mittelfeld­spieler Marcel Sobottka. „Man kann doch ohnehin gar nicht von Anfang an auf Unentschie­den spielen. Und als wir in Nürnberg voll auf Sieg gingen, haben wir ihn am Ende auch geholt. Das wollen wir gegen Aue ebenso.“

Auch Gäste-Coach Domenico Tedesco versichert: „Charakter und Mentalität des FC Erzgebirge sprechen gegen jede Absprache. Ich glaube an Fairness und Sportlichk­eit.“Stürmer Pascal Köpke kündigt an: „Wir fahren nach Düsseldorf, um zu gewinnen.“

Der gute Wille ist also beiderseit­s da, und Funkel befeuert ihn. Der Trainer ist aber so ehrlich zuzugeben, dass die Spielweise „der Situation geschuldet“sei: „Ich kann nicht sagen, was sich im Laufe des Spiels entwickelt.“Was er nicht sagt, aber meint: Wenn es nach 80 Minuten 0:0 oder auch 3:3 steht, werden weder Aue noch Fortuna vehement auf das Siegtor drängen, wenn dadurch noch die Relegation droht. Täten sie es doch, hätten sie den Titel „Deppen der Nation“redlich verdient.

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FOTO: IMAGO WM 1982 in Gijón: Algerische Fans wedeln anlässlich des Skandalspi­els zwischen Deutschlan­d und Österreich, das ihr Team aus dem Rennen wirft, mit Geld.

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