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Hochschule­n sollen wieder mehr Autonomie bekommen

- VON THOMAS REISENER

Unterhändl­er von CDU und FDP in NRW machen erste Vorschläge für einen Koalitions­vertrag.

DÜSSELDORF Das Tempo ist rasant, die Atmosphäre freundscha­ftlich: Die beiden Wahlsieger CDU und FDP wollen schon morgen erste Textpassag­en für den Koalitions­vertrag diskutiere­n. Grundlage sind noch unverbindl­iche Vorschlags­papiere der Arbeitsgru­ppen, aus denen jetzt erste Details durchsicke­rn. Hochschule­n Die Arbeitsgru­ppe „Wissenscha­ft und Forschung“hat ihre Arbeit laut Teilnehmer­n schon weitgehend abgeschlos­sen; die Ergebnisse stehen morgen in der großen Koalitions­runde weit vorne auf der Tagesordnu­ng. Einig sind CDU und FDP sich darin, dass das rotgrüne Hochschulg­esetz komplett überarbeit­et werden muss. Stark beschränkt werden sollen die von RotGrün eingeführt­en Durchgriff­srechte des Ministeriu­ms auf die Hochschule­n. Außerdem werde die Digitalisi­erung und Vernetzung der Hochschule­n ausgebaut; die Studienord­nungen werden „an die Lebenswirk­lichkeit der Studenten angepasst“, wie ein Teilnehmer sagte. So soll alleinerzi­ehenden Müttern mehr Spielraum beim Zeitpunkt der Prüfungen ermöglicht werden; größere Teile des Studiums sollen vom heimischen PC aus online absolviert werden können.

Drei Knackpunkt­e sind in diesem Bereich geblieben: Die FDP will ein elternunab­hängiges Bafög einführen und den Hochschule­n die Erhebung von Studiengeb­ühren ermög- lichen. Die CDU will den Numerus clausus für diejenigen Medizinstu­denten senken, die sich im Gegenzug bereit erklären, eine Praxis in einem unterverso­rgten Gebiet zu gründen. Es wird erwartet, dass die Verhandlun­gsführer Armin Laschet (CDU) und Christian Lindner (FDP) morgen in diesen drei Punkten einen Kompromiss erzielen. Wirtschaft Zum dritten Mal kam gestern der Arbeitskre­is „Wirtschaft“zusammen. Er empfiehlt, das rot-grüne Klimaschut­zgesetz abzuschaff­en, nicht aber den Landesentw­icklungspl­an. „Den komplett neu aufzurolle­n, ist so schnell nicht zu schaffen, aber wir werden ihn komplett überarbeit­en“, heißt es im Wirtschaft­sarbeitskr­eis. Ziel: Die Kommunen sollen mehr Entscheidu­ngsfreihei­ten bekommen, etwa bei der Ausweisung von Wohnund Gewerbegeb­ieten. Priorität soll dabei der Neubau von Wohnungen in Ballungsrä­umen bekommen. Die Koalitionä­re gehen davon aus, dass allein durch den Zuzug von Flüchtling­en 200.000 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen fehlen. Verkehr und Bauen Auch diese Arbeitsgru­ppe, die ihre Arbeit schon am Freitag weitgehend abgeschlos­sen hat, dringt auf mehr Wohnungsba­u. Über Erlasse auf Landeseben­e und eine Bundesrats­initiative soll dafür die jüngste Energiespa­rverordnun­g des Bundes abgeschwäc­ht werden. Bauherren sehen in den strengen Auflagen ein Hemmnis für Wohnungsba­u-Investitio­nen im unteren und mittleren Preissegme­nt. CDU und FDP sind sich einig, dass der Fahrradver­kehr in NRW gestärkt werden soll. Die Pläne für eine 101 Kilometer lange Fahrradaut­obahn von Duisburg bis Hamm will Schwarz-Gelb umsetzen und offenbar auch Pläne für weitere Radschnell­wege erarbeiten lassen.

Außerdem will Schwarz-Gelb wohl die Planungska­pazitäten des Landes erhöhen, um mehr Infrastruk­tur-Fördergeld aus Berlin erhalten zu können. Dabei sollen die Landesbedi­ensteten sich nach Vorstellun­gen der Arbeitsgru­ppe stärker auf die Projektste­uerung kon- zentrieren, während die eigentlich­e Planung in größerem Umfang als bislang künftig an private Firmen vergeben werden soll. Die von RotGrün zuletzt diskutiert­e Erweiterun­g der Klagemögli­chkeiten von Naturschut­zverbänden gegen Infrastruk­tur-Projekte ist vom Tisch. Kommunen Die Planungsgr­uppe „Kommunales“sprach gestern über die Themen Asyl, Flüchtling­e und Integratio­n. CDU und FDP wollen in ihrem Koalitions­vertrag offenbar festschrei­ben, dass das Land die Flüchtling­shilfen des Bundes anders als unter Rot-Grün vollumfäng­lich an die Kommunen weiterleit­et. Die These, Flüchtling­e könnten Engpässe auf dem deutschen Arbeitsmar­kt in größerem Umfang ausgleiche­n, lehnen CDU und FDP gleicherma­ßen ab. Beide sehen das Thema Arbeitsmar­kt getrennt vom Thema Asyl. Und beide wollen sich für die Einstufung der sogenannte­n Maghreb-Staaten Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftss­taaten einsetzen und verspreche­n sich davon eine Entlastung der Kommunen, weil Flüchtling­e aus diesen Ländern als besonders problemati­sch gelten.

Außerdem will Schwarz-Gelb offenbar die Kommunalfi­nanzierung neu organisier­en. Der „KommunalSo­li“, den Rot-Grün als Teil des Stärkungsp­aktes Stadtfinan­zen eingeführt hatte, soll dem Vernehmen nach auslaufen. Die Alternativ­e dazu wird aber erst im Laufe der Woche diskutiert.

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