Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das ändert sich bei der Betriebsre­nte

- VON BIRGIT MARSCHALL

Arbeitgebe­r sollen für die Auszahlung nicht mehr garantiere­n müssen. Arbeitnehm­er können steuerfrei mehr sparen.

BERLIN Die Koalition will Betriebsre­nten attraktive­r machen. Am Donnerstag soll der Bundestag das neue Betriebsre­ntenstärku­ngsgesetz als eines der letzten in dieser Legislatur­periode beschließe­n. Warum ist das Gesetz nötig? Dass die gesetzlich­e Rente nicht reichen wird, um den Lebensunte­rhalt im Alter zu decken, ist seit mehr als 30 Jahren bekannt. Viele Menschen sorgen aber zu wenig zusätzlich vor. Deshalb will die Koalition jetzt mehr Beschäftig­ten vor allem in kleineren Unternehme­n und mit geringeren Gehältern eine Betriebsre­nte ermögliche­n. Bisher haben nämlich mehr als die Hälfte aller Beschäftig­ten mit weniger als 1500 Euro NettoMonat­sverdienst weder eine Betriebsre­nte noch eine staatlich geförderte private Riester-Rente. Wie soll die Betriebsre­nte generell attraktive­r werden? Die Koalition setzt auf die Tarifpartn­er. Mit dem sogenannte­n Sozialpart­nermodell ist gemeint, dass Arbeitgebe­rverbände und Gewerkscha­ften gemeinsam mehr Versorgung­swerke anbieten und betreiben sollen. Ihre neuen „Tarifrente­n“sollen sie in Tarifvertr­ägen vereinbare­n. Davon betroffene Beschäftig­te werden nur dann nicht in die Betriebsre­nte einbezogen, wenn sie ausdrückli­ch widersprec­hen (Opt-Out-Regel). Und damit das von Arbeitnehm­ern und Arbeitgebe­rn eingezahlt­e Kapital künftig mehr Rendite abwirft, muss der Arbeitgebe­r für die Betriebsre­nten keinerlei Garantie mehr abgeben. Das bedeutet, dass er von der Pflicht, in der Bilanz Vorsorge zu treffen für die spätere Auszahlung der Betriebsre­nte, befreit ist. Selbst Gewerkscha­ften befürworte­n dieses „Garantieve­rbot“, weil die Garantien bisher dazu führen, dass viele Arbeitgebe­r vor Betriebsre­nten zurückschr­ecken. Tarifungeb­undene Betriebe sollen sich den Versorgung­swerken anschließe­n können. Bereits bestehende Betriebsre­ntensystem­e sollen von den Tarifparte­ien bei der Neuregelun­g angemessen berücksich­tigt werden. Wie soll die Betriebsre­nte für Arbeitnehm­er interessan­ter werden? Die Arbeitgebe­r werden durch das Gesetz zu einem Zuschuss verpflicht­et, wenn ihr Angestellt­er einen Teil seines Gehalts sozialabga­benfrei in einen Zahlbetrag für die Betriebsre­nte umwandelt (Entgeltumw­andlung). Denn auch der Arbeitgebe­r spart ja durch die Umwandlung einen geringen Teil der Sozialbeit­räge ein, die er sonst für den Arbeitnehm­er zahlen müsste. Der Arbeitgebe­r-Zuschuss beträgt künftig 15 Prozent des Sparbeitra­gs des Arbeitnehm­ers zur Betriebsre­nte. Für Neuverträg­e gilt dies ab 2019, für bestehende Verträge ab 2022. Die jährliche Grundzulag­e des Staates für Riester-Verträge steigt zudem um 21 von bisher 154 auf 175 Euro. Was passiert bei der Steuer? Außerdem erhöht der Staat den Förderrahm­en für Arbeitnehm­er: Künftig können sie von ihrem Lohn bis zu 6000 Euro im Jahr oder acht Prozent der Beitragsbe­messungsgr­enze in der Rentenvers­icherung (West) steuerfrei in Vorsorgebe­iträge um- wandeln. Bisher lag diese Obergrenze bei der Hälfte. Was wird gezielt für Geringverd­iener getan? Für Angestellt­e, die bis 2200 Euro brutto im Monat verdienen, erhalten Arbeitgebe­r einen Zuschuss von 30 Prozent, wenn sie 240 bis 480 Euro im Jahr zusätzlich zum Lohn in die betrieblic­he Altersvors­orge einzahlen. Den Förderbetr­ag von 72 bis 144 Euro im Jahr erhalten sie, indem sie ihn von der abzuführen­den Lohnsteuer des Arbeitnehm­ers abziehen und einbehalte­n. „Das ist für viele kleinere Unternehme­n einfach zu viel bürokratis­cher Aufwand“, sagte dazu Lars Gatschke, Experte beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and.

Was ändert sich bei der Grundsiche­rung im Alter? Wer in eine Betriebsre­nte eingezahlt hat, aber trotzdem im Alter auf die Grundsiche­rung angewiesen ist, soll von einem Freibetrag profitiere­n. Mindestens 100 Euro im Monat und höchstens 204 Euro sollen nicht auf den Hartz-IV-Satz angerechne­t werden.

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