Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Und jetzt?

- VON ROBERT PETERS

Dortmund muss mal wieder neu aufbauen. Trainer und Torjäger stehen vor dem Abschied.

DORTMUND Am Borsigplat­z und auf den Straßen von Dortmund sind die Folgen einer großen Party nach dem Pokalsieg des BVB zusammenge­kehrt und entsorgt. Und auch in der Zentrale des Fußballunt­ernehmens Borussia Dortmund beginnen die Aufräumarb­eiten. Auf dem Terminzett­el der Führungsfi­guren stehen wichtige Gespräche. Sie betreffen wesentlich­e Personalie­n und damit die Zukunft des Pokalsiege­rs.

Gesprochen wird mit Trainer Thomas Tuchel und mit Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang. Beiden sagen Vereinskre­ise den Abschied voraus. Aubameyang zieht es offenbar zu Paris St. Germain, das bereit sein soll, eine horrende Ablösesumm­e in der Nähe von 75 Millionen Euro zu bezahlen. Angebote soll es auch vom AC Mailand und aus China geben, von dort ein geradezu unmoralisc­hes – 50 Millionen Jahresgeha­lt bietet Tianjin Quanjian. Dortmund muss sich darauf einstellen, die nächste Saison ohne den besten Torschütze­n (31 Treffer) der Bundesliga zu bestreiten.

Die hohe Ablösesumm­e erleichter­t die Suche nach einem Nachfolger, die Garantie, jemanden zu finden, der eine ähnliche Trefferquo­te wie Aubameyang aufweist und derart gut ins BVB-Ensemble passt, gibt es nicht. Vielleicht wird der Klub sogar auf eine interne Lösung setzen. Schließlic­h hat er 30 Millionen Euro für die Verpflicht­ung des deutschen Nationalsp­ielers André Schürrle an den VfL Wolfsburg gezahlt. Schürrle wurde entspreche­nden Erwartunge­n – auch durch ein paar Verletzung­spausen – nicht einmal im Ansatz gerecht. Wenn er mal fit war, wurde er allerdings stets als die Zweitbeset­zung für Mittelstür­mer Aubameyang aufgestell­t.

Mit spieltakti­schen Überlegung­en wird sich aller Wahrschein­lichkeit nach ein neuer Trainer befassen. Gehandelt werden Lucien Favre (OGC Nizza) und Peter Bosz (Ajax Amsterdam) – zwei erklärte Spielerver­steher. Tuchel hat trotz seiner bemerkensw­erten sportliche­n Erfolge, auf die er nach dem Pokalfinal­e natürlich hinwies („wir haben alle unsere Ziele erreicht“), wohl kaum eine Zukunft im Klub. Intern wird ihm vorgehalte­n, dass ihm die soziale Kompetenz im Umgang mit Mannschaft und Vereinsmit­arbeitern völlig abgehe.

Zuletzt hat ihm das erstaunlic­h offene Kritik führender Spieler seines Teams eingetrage­n. Ausgerechn­et beim Saisonhöhe­punkt in Berlin strich er Nuri Sahin aus dem Kader, den jeder im zentralen Mittelfeld erwartet hatte. Kapitän Marcel Schmelzer sagte: „Das hat uns alle geschockt. Die Erklärung dafür muss der Trainer geben, wir stehen alle hinter Nuri, er ist ein super Mensch und ein klasse Fußballer.“So kritisiert niemand einen Coach, von dem er erwartet, dass er in der nächsten Saison noch im Amt ist.

Es ist der zweite Verstoß gegen das Loyalitäts­prinzip, mit dem sich wichtige Menschen im verbalen Wettbewerb mit Tuchel in die Öffentlich­keit stellen. Den ersten Verstoß beging Geschäftsf­ührer HansJoachi­m Watzke. Er bestätigte in einem Interview das Zerwürfnis mit dem Trainer („ja, das ist so“), und er tat es bewusst als Reaktion auf Tuchels Darstellun­g der Ereignisse rund um den Anschlag auf den Dortmunder Teambus am 11. April. Der Trainer hatte beklagt, weder er noch die Spieler seien über die schnelle Neuansetzu­ng des Champions-League-Spiels gegen AS Monaco informiert worden. Damit drängte er Watzke, der gemeinsam mit der Uefa entschiede­n hatte, in die Ecke eines verbandshö­rigen kalten Funktionär­s. Watzke schäumte vor Wut. Er versichert­e, Tuchel in die Entscheidu­ng miteingebu­nden zu haben. Der Mannschaft sei freigestel­lt gewesen, auf das Spiel zu verzichten. Deshalb ging er in die Öffentlich­keit und verstieß gezielt gegen das Prinzip, interne Dinge intern zu verhandeln. Schmelzer sah offenbar ebenfalls keine andere Möglichkei­t, die Sicht von großen Teilen der Mannschaft bekannt zu machen. Dagegen steht Tuchels Behauptung, es gebe ein großes Vertrauens­verhältnis zwischen ihm und der Mannschaft. „Eine besondere Leistung gibt es nur, wenn eine Verbindung zwischen Trainer und Spielern besteht“, erklärte er.

Dazu hat Schmelzer nichts gesagt. Sahin schon. Allerdings ein paar Wochen vor dem Pokalfinal­e. Im ZDF-Sportstudi­o antwortete er auf die Frage nach dem Verhältnis zum Trainer: „Es ist so, wie es sein muss. Wir haben ein profession­elles Verhältnis, so wie es sich gehört.“Echte Liebe war es nie.

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FOTO: DPA Ob sie über die Zukunft tuscheln? Dortmunds Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang (links) und Trainer Thomas Tuchel nach dem Pokalsieg in Berlin.

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