Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bewerbunge­n: Genial oder genial daneben

- VON TOBIAS SCHORMANN

Stefan Raab verschickt­e Honig, ein Brite mietete eine Plakatwand – wie man bei der Jobsuche auffällt.

BERLIN (dpa) Als Bewerber muss man aus der Masse herausstec­hen. Denn für begehrte Stellen gibt es oft Dutzende von Kandidaten. Mit einer konvention­ellen Bewerbung kommt man da nicht weit. Mutige Kandidaten versuchen darum immer öfter, mit ungewöhnli­chen Mitteln in die Offensive zu gehen. Solche Guerilla-Bewerbunge­n sind eine hohe Kunst – bestenfall­s beweisen Kandidaten damit, dass sie kreativ sind und offen für neue Ideen. Und sie zeigen, dass sie sich Mühe gegeben haben, erklärt der Karriereco­ach Bernd Slaghuis aus Köln. „Das hat dann einen Wow-Effekt beim Personaler.“Auffallen um jeden Preise sei aber die falsche Devise. Denn zwischen genial und genial daneben ist es nur ein schmaler Grad. Schlimmste­nfalls wirkt es einfach nur peinlich.

Der Entertaine­r Stefan Raab zum Beispiel soll seinen Bewerbunge­n ein Glas Honig und einen Pinsel beigelegt haben – so könne sich der Arbeitgebe­r den Honig selbst um den Bart schmieren. Klingt lustig, kann aber leicht schiefgehe­n – wenn das Glas schon auf dem Postweg aufgeht. Einfach nur anders als die anderen zu sein, ist darum kein Einstellun­gsgrund. Am Ende kommt es auf die Substanz an, erklärt Slag- huis. Es muss einen inhaltlich­en Bezug zum Unternehme­n geben. „Sonst zuckt der Personaler nur mit den Schultern“, sagt Bewerbungs­coach Jürgen Hesse aus Berlin. Bei einer Bewerbung an Ferrero könne man die Unterlagen beispielsw­eise in ein Nutella-Glas stecken – das erzeugt Aufmerksam­keit. Noch besser: eine ausgefalle­ne Torte als Bewerbung für eine Lehrstelle in einer Konditorei vorbeibrin­gen. Oder sich als technische­r Zeichner mit einem Architektu­rmodell bewerben. Damit hat der Chef gleich die erste Arbeitspro­be in der Hand, erklärt Slaghuis.

Ansonsten werden Kreativ-Bewerbunge­n schnell aussortier­t und landen gleich im Müll, warnt Slag- huis. Das gilt etwa, wenn der Lebenslauf einfach nur auf Klopapier geschriebe­n ist oder in einem Pizzakarto­n liegt, ohne dass erkennbar wäre, was daran der Gag sein soll. Denn viele Personaler nehmen sich laut einer Umfrage für die erste Durchsicht der Unterlagen nur wenige Minuten Zeit.

Zu aufdringli­ch dürfen Bewerber auch nicht wirken, Twitter-Stalker etwa nerven Personaler schnell. Und platte Sprüche sind nie witzig, auch nicht als Bewerbung: Wer einen Silvesterk­racher verschickt mit dem Spruch „Nehmen Sie mich, ich bin der Knaller!“, wird höchstens ein müdes Lächeln ernten.

Einige Kandidaten sind mit ihren ausgefalle­nen Ideen zu regelrecht­en Internet-Berühmthei­ten geworden. Einfach kopieren dürfen Bewerber diese natürlich nicht – sie können aber eine Anregung für die eigene Jobsuche sein. Einige Beispiele:

Der Unternehme­nsstil: Bewerber können sich etwa als Katalog im Firmenstil präsentier­en. Wie wäre zum Beispiel eine Bewerbung als IkeaProspe­kt oder -Gebrauchsa­nleitung? Es reicht aber nicht, nur die Firmenfarb­en oder das Logo in der Bewerbung zu verwenden, sagt Slaghuis. Alternativ bietet sich eine Spielfigur an, die wie das Produkt des Wunscharbe­itgebers aussieht.

Sich selbst im Onlineshop anbieten: Philippe Dubost aus Paris hat es vorgemacht. Er hat eine Amazonseit­e erstellt, auf der er sich selbst zum Kauf anbot. Seine Referenzen listete er als Produktbes­chreibung auf, Stimmen seiner früheren Arbeitgebe­r als Kundenbewe­rtungen.

Werbeplaka­t und Flugblätte­r: Der Brite Adam Pacitti mietete 2013 von seinem letzten Geld eine Plakatwand für sein Jobgesuch. Darauf war ein Bild von ihm zu sehen und eine Web-Adresse, unter der Arbeitgebe­r mehr über ihn erfahren konnten. „Das kann als Hingucker funktionie­ren“, sagt Slaghuis. In einer Großstadt geht ein einzelnes Plakat aber schnell unter, in kleineren Städten ist der Werbeeffek­t also größer. Ansonsten können Bewerber

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