Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

FRAGE DES STILS

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Rücksicht macht die Welt besser

Jede Szene! Jede einzelne Szene kommentier­te der Mensch, der kürzlich im Kino denselben Film sehen wollte wie ich. Er sagte laut, was er witzig fand und warum, an welchen Stellen der Film unglaubwür­dig war, und schreckte auch nicht vor einem „Ooooooooh“zurück, als es dramatisch wurde. Ich habe mich wahnsinnig über dieses rücksichts­lose Verhalten geärgert, aber nichts gesagt, weil ich nicht noch mehr Unruhe wollte. Und mich dann gefragt: War das richtig so?

Situatione­n, in denen man mit rücksichts­losen Menschen zu tun hat, gibt es fast täglich. Autofahrer blinken nicht, wenn sie abbiegen wollen, Konzertbes­ucher schert es einen Dreck, ob hinter ihnen eine deutlich kleinere Person steht, die nichts sehen kann, Menschen an der Supermarkt­kasse fahren ihrem Vordermann munter in die Hacken, weil sie es eilig haben und drängeln, Kollegen stellen die leere Milchpacku­ng zurück in den Bürokühlsc­hrank. In diesen Situatione­n zeigt sich: Da denkt grade jemand nur an sich. Es kratzt den Rücksichts­losen schließlic­h nicht, ob sein Verhalten jemand anderen stören oder behin- dern könnte. Für ihn zählen nur seine eigenen Bedürfniss­e. Das allein ist schon schrecklic­h ärgerlich – schließlic­h sind nie nur die Bedürfniss­e eines Menschen wichtig, sondern die aller. Alle wollen sicher durch den Straßenver­kehr kommen, gut sehen bei Konzerten, schnell wieder den Supermarkt verlassen oder ihren Wunsch-Kaffee.

Miteinande­r auskommen in dieser Welt funktionie­rt nicht, wenn wir aufeinande­r keine Rücksicht nehmen. Wir müssen uns mehr in andere Menschen hineinvers­etzen. Immer mal wieder von uns selbst wegdenken. Und im Kino darf man Quasselköp­fen durchaus mal kurz, aber bestimmt übers Maul fahren. Damit Ruhe ist. Haben Sie auch eine Frage des Stils? Dann schreiben Sie uns: stilfrage@rheinische­post.de

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