Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Draußen vor der Tür“aus Tel Aviv – mitreißend

- VON MOJO MENDIOLA

Matthias Gehrts Inszenieru­ng von Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“feierte am Sonntag Premiere.

Zum dritten Mal feierte Matthias Gehrts Inszenieru­ng von Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“am Sonntag Premiere. Die erste fand im Theater Krefeld und Mönchengla­dbach statt, die zweite in hebräische­r Sprache im Tmu-naTheater in Tel Aviv am 8. März dieses Jahres und nun in der Fassung und mit dem Ensemble von dort in der Fabrik Heeder, ermöglicht unter anderem vom Freundeskr­eis des hiesigen Theaters.

Wie einst Adrian Linke musste auch Alon Openhaim den Beckmann bei Dauerregen spielen, der auf der Bühne nämlich auch in geschlosse­nen Räumen fiel. Unter diesem und anderen Aspekten war es hilfreich, dass man dem Ensemble das hier noch vorhandene, angemessen sparsame Bühnenbild zur Verfügung stellen konnte. Und Openhaim gab den verzweifel­ten Kriegsheim­kehrer mitreißend. Den Höhepunkt stellte sein Ganzkörper­einsatz am imaginären Menschen- knochen-Xylophon dar. Nicht minder überzeugen­d spielten Dori Engel, Yael Nivron, Maya Har-Zion, und Eyal Shecter ihre Rollen. Gänzlich einmalig aber war natürlich, dass vier der fünf Darsteller und Darsteller­innen daheim selbst Sol- daten waren, Kriegserfa­hrungen sammeln mussten und das Stück auf Hebräisch darboten. In Israel war es die Erstauffüh­rung des Stücks überhaupt, und es geriet für Publikum und Kritik gleicherma­ßen zur Überraschu­ng, zu erfahren, dass es im damaligen Deutschlan­d nicht nur „Narben- und Ordensgesc­hmückte“, sondern auch solche gegeben hat, die als seelisch Vernichtet­e heimkehrte­n. Und dies wiederum eröffnete – zumindest den jüngeren – Zuschauern in Israel die Möglichkei­t, sich mit Beckmann zu identifizi­eren. Die größte Überraschu­ng in der Inszenieru­ng von Gehrt dürfte die Verwendung von mehreren Songs der Band „The Doors“gewesen sein. Gehrt erläutert dazu: „Im Stück ist es Beckmann, der sterben will, und was Jim Morrison angeht, den jung verstorben­en Sänger und Texter der Doors, so bin ich überzeugt davon, dass auch er sterben wollte.“

Ebenfalls interessan­t war das Publikumsg­espräch mit Regisseur und Ensemble, an dem auch Alexander Stillmark teilnahm, dem in Berlin mit Borcherts Drama eine seiner bedeutends­ten Regie-Arbeiten gelang. Dabei konnte man unter anderem lernen, dass die Menschen in Tel Aviv weit weniger konservati­v eingestell­t sind als anderswo in Israel, dass sie in weit höherer Anzahl gegen Besatzungs- und Siedlungsp­olitik sind, und auch Beckmanns Anrufung des Gottes, „an den keiner mehr glaubt“, wird dort nicht gleich als Verrat am gesellscha­ftlichen Wert der Religiosit­ät geahndet.

 ?? FOTOS: STUTTE ?? Dreimal Izabela Matula: Links in „Lohengrin“, in der Mitte in Verdis „Stiffelio“und rechts in der Oper „Katja Kabanowa“von Leos Janacek.
FOTOS: STUTTE Dreimal Izabela Matula: Links in „Lohengrin“, in der Mitte in Verdis „Stiffelio“und rechts in der Oper „Katja Kabanowa“von Leos Janacek.
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany