Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Trump auf ungewissem Klimakurs

- VON FRANK HERRMANN UND EVA QUADBECK

Im Wahlkampf hatte Donald Trump gegen das Klimaschut­zabkommen gewettert. Nun sieht es so aus, als ob er den Austritt ankündigen könnte. Klarheit soll es in den nächsten Tagen geben.

WASHINGTON/BERLIN Es begann gestern Morgen mit einer Eilmeldung von Axios, einer aufstreben­den Online-Plattform, an deren Seriosität kaum jemand in Washington oder New York zweifelt. Donald Trump, war zu lesen, habe beschlosse­n, sich aus dem Pariser Klimavertr­ag zurückzuzi­ehen. Die Entscheidu­ng sei gefallen, das wisse man von zwei unmittelba­r Beteiligte­n. An den Details des Ausstiegs arbeite ein kleines Team, zu dem auch Scott Pruitt gehöre, der Direktor der Umweltbehö­rde EPA. Es gehe nur noch um die Frage, ob man eine Art offizielle­s Scheidungs­verfahren einleite, was drei Jahre dauern könne, oder sofort die Reißleine ziehe. Ob die USA, das wäre die erste Variante, nur den Pariser Kontrakt kündigen oder gleich die Mitgliedsc­haft in der Klimarahme­nkonventio­n der Vereinten Nationen, die ihm zugrunde liegt.

Trump selber wollte zunächst nichts bestätigen; via Twitter vermittelt­e er den Anschein, als ringe er noch immer mit sich, wie einst als König der Reality-Show „The Apprentice“, der zwischen mehreren Kandidaten die Qual der Wahl hat. Er werde seinen Entschluss in den nächsten Tagen bekannt geben, schrieb er, bevor er sich an den Schreibtis­ch im Oval Office setzte. Und dazu, in Großbuchst­aben: „MAKE AMERICA GREAT AGAIN!“

Falls denn stimmt, was Axios berichtet, wäre es ein Sieg für die Hardliner im Weißen Haus. Es wäre ein nicht unbedingt zu erwartende­r Triumph für die Fraktion populistis­cher Nationalis­ten um Steve Bannon, auch wenn mancher zuletzt den Eindruck hatte, als schwinde der Einfluss des Predigers des „America First“. Mit einem Verbleib im Pariser Klima-Club, hatte Trumps Ideologie-Stratege argumentie­rt, binde sich das Land nur die Hände, wenn es energiepol­itisch den Schalter umlege und strengere Auflagen für Kohlekraft­werke, verfügt unter Barack Obama, wieder kassiere. Zudem setze sich die Regierung Trumps dem Risiko kostspieli­ger Gerichtsve­rfahren aus, wenn sie de jure an dem Pariser Paragrafen­werk festhalte, de facto aber in eine andere Richtung marschiere. 22 konservati­ve Senatoren hatten dies in einem offenen Brief besonders betont.

Auf der Verlierers­eite stünden klimapolit­isch eher moderate Köpfe wie der Außenminis­ter Rex Tillerson oder Gary Cohn, der Chef des Wirtschaft­sberater-Gremiums im Weißen Haus. Beide sollen, meist hinter, manchmal aber auch vor den Kulissen, gegen einen Ausstieg an- geredet haben. Er rate schon deshalb davon ab, hatte Tillerson vor Monaten bei Anhörungen im Kongress gesagt, weil Amerika seinen Platz am Verhandlun­gstisch behalten müsse. Ivanka Trump, die Tochter des Staatschef­s, die das Image der modernen, aufgeklärt­en New Yorkerin pflegt, sieht es ähnlich. Im Dezember, als ihr Vater in der Übergangsp­hase zwischen Wahlsieg und Amtsantrit­t an seinem Kabinett bastelte, ging sie sogar so weit, Al Gore ins Trump-Hochhaus in Manhattan zu lotsen, den ehemaligen Vizepräsid­enten, der vor Jahren für einen aufrütteln­den Umweltfilm in Hollywood den Oscar bekam. Schließlic­h zählt auch Ivankas Mann Jared Kushner zu den Verlierern der internen Debatte, ein früherer Bauunterne­hmer, von dem es bisweilen hieß, er sei der einflussre­ichste Berater an der Pennsylvan­ia Avenue Nr. 1600, eine Art Mädchen für alles.

Ob Trump tatsächlic­h hin und her schwankt oder die Entscheidu­ngsfindung nur so inszeniert, als falle sie ihm außerorden­tlich schwer, kann kein Außenstehe­nder beurteilen. In Berlin ist man jedenfalls beunruhigt: „Unabhängig von der Entscheidu­ng der US-Regierung muss der Rest der Welt in der KlimaPolit­ik Kurs halten. Das gilt erst recht, wenn die Amerikaner das Abkommen wirklich aufkündigt­en“, sagte Unionsfrak­tionschef Volker Kauder unserer Redaktion. „Wir müssen im Sinne der nächsten Generation­en weiterhin das tun, was wir für richtig halten. Das Klimaabkom­men ist sicherlich eines der wichtigste­n internatio­nalen Abkommen, die in den vergangene­n Jahren abgeschlos­sen wurden.“Kauder fügte hinzu, er gehe davon aus, dass auch bei einem Ausstieg der Amerikaner die Chinesen dabeibleib­en würden. In China sei der Druck der Bevölkerun­g für mehr Klimaschut­z so groß, dass die politische Führung daran festhalten werde.

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FOTO: IMAGO „Trump steht auf Kohle“– damit umwarb der Republikan­er im Wahlkampf die Kohle-Kumpel, die schärfere Klimaaufla­gen fürchten.

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