Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Italien will deutsches Wahlrecht
Im Herbst steht eine Neuwahl bevor. Silvio Berlusconi könnte zurückkehren.
ROM Er ist noch nicht wieder zurück an der Macht, aber Silvio Berlusconi ist bestens gelaunt. So gut, dass der 80-Jährige sich kürzlich sogar mit einem Trikot von Inter Mailand fotografieren ließ. Mehr als 30 Jahre lang bestimmte der viermalige italienische Ministerpräsident als Eigentümer die Geschicke des Lokalrivalen AC Mailand. Vor Wochen verkaufte er an Investoren aus China. Macht nichts, denn viel deutet darauf hin, dass Berlusconi und seine Partei Forza Italia in ein paar Monaten wieder die italienische Politik mitbestimmen.
Der Grund ist die Einigung der drei größten politischen Kräfte im italienischen Parlament auf ein neues Wahlrecht nach deutschem Vorbild. Im Dezember fiel die von ExMinisterpräsident Matteo Renzi und seiner Regierung initiierte Verfassungsreform durch. Staatspräsident Sergio Mattarella forderte vehement, dass sich die Parteien in dieser Legislatur noch auf ein neues Wahlrecht einigen müssten. Nun ist es offenbar so weit. Renzis sozialdemokratischer Partito Democratico (PD), die FünfSterne-Bewegung des Komikers Beppe Grillo und Berlusconi haben sich auf den in Deutschland geltenden Mechanismus einer personalisierten Verhältniswahl verständigt. Die Aussichten, dass das Parlament das neue Gesetz bis zur Sommerpause verabschiedet, sind günstig. Anschließend wird eine Neuwahl nicht lange auf sich warten lassen.
Eigentlich endet die Legislaturperiode erst im Februar 2018, die Regierung unter Renzis Parteifreund Paolo Gentiloni ist seit Dezember im Amt. Doch Renzis gesamtes politisches Taktieren zielt auf seine Rückkehr in das Amt des Ministerpräsiden- ten. Zur Verwirklichung dieses Plans sind die Verabschiedung eines neuen Wahlgesetztes und die darauffolgende, höchstwahrscheinliche Auflösung des Parlaments essenziell.
Da auch die anderen maßgeblichen politischen Kräfte eine Neuwahl wollen, wurde die seit Monaten vorbereitete Einigung möglich. Eine Fünfprozenthürde wie in Deutschland soll den Einzug von Kleinparteien in das Parlament verhindern. Mit diesen hat Italien in den vergangenen Jahrzehnten schlechte, weil destabilisierende Erfahrungen gemacht.
Wenn es dann um die Bildung einer Koalition nach der Wahl im Herbst geht, deutet einiges auf eine Allianz zwischen Renzis PD und Berlusconis Forza Italia hin. Beide paktierten bereits in der Vergangenheit. Ob diese Rückkehr in die Vergangenheit endlich zu stabilen Verhältnissen führen würde, ist heute kaum zu sagen. Der Dichter Giuseppe Tomasi di Lampedusa und der Schlüsselsatz aus seinem Roman „Il Gattopardo“wären jedenfalls bestätigt: „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern.“