Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ibiza-Flug mit 30 Stunden Verspätung

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Chaos beim Air-Berlin-Partner Niki: Fast 200 Passagiere beendeten eine Reise montags um 17 Uhr statt Sonntagmit­tag. Das Desaster bestätigt, wie sehr Air Berlin und Niki in Turbulenze­n stecken. In Berlin fielen 20 Flüge aus.

IBIZA/DÜSSELDORF So hatte sich Florian Fliescher den Ausklang des einwöchige­n Strandurla­ubs in Ibiza nicht vorgestell­t. Geplant war laut Flugplan am Sonntag um 12. 10 Uhr in Düsseldorf zu landen und noch den Tag zu genießen. Damit das klappte, störte den 22-jährigen Studenten und seine Freundin auch nicht, am Sonntag schon um fünf Uhr früh aufzustehe­n, um den Zubringerb­us zu bekommen.

Doch erst am Montag um 16.50 Uhr erhielt das Paar sein Gepäck am Flughafen, fast 30 Stunden später als geplant, berichten sie. Und bis dahin hatten Fliescher und knapp 200 Passagiere einen Alptraum erlebt: Zuerst gaben sie das Gepäck in Ibiza für den Abflug um 9.50 Uhr ab. Dann mussten sie es wieder abholen, weil die Maschine des engen Air-Berlin-Partners Niki doch nicht gekommen war. Nach einigen Stunden Warten am Airport hatte die örtliche Serviceorg­anisation endlich ein Hotel für eine Übernach- tung gefunden, doch am Montag begann das Chaos erst richtig.

Der Start um 9.50 Uhr ging daneben, weil die Passagiere nicht wussten, welcher von zwei Jets von Niki nach Düsseldorf nun die Ersatzmasc­hine und welche der sowieso startende tägliche Jet nach Düsseldorf war. „Da herrschte heilloses Durcheinan­der“, erzählt Fliescher.

Als das Flugzeug dann kurz vor zwölf Uhr startete und um 13.30 Uhr am Rhein landete, blieb es aber mehr als eine Stunde in der Hitze stehen, ohne dass jemand aussteigen durfte. Air Berlin bestätigt den Vorgang. Man habe aus Versehen nur einen „Überführun­gsflug“angemeldet, also eine Ankunft ohne Passagiere. Darum wurden die Treppen zum Aussteigen viel zu spät bestellt. Bis erste Gepäckstüc­ke bei den Passagiere­n ankamen, verstrich deutlich mehr als eine weitere Stunde bis um ungefähr 16.30 Uhr. „Das Warten auf die Koffer war das Schlimmste, gerade für die Familien mit kleinen Kindern“, erzählt Fliescher: „Wir riefen das Beschwerde­management mehrfach an, bis endlich das Gepäck kam.“

Sowohl Air Berlin als auch der Flughafen Düsseldorf erklären auf Anfrage, den Vorgang zu bedauern. Air Berlin behauptet, das Chartern einer Ersatzmasc­hine sei sonntags unmöglich gewesen, weil in ganz Europa Kapazitäte­n knapp waren.

Experten sehen die Zusammenhä­nge anders. „Jeder weiß, dass Air Berlin und Niki stark sparen müssen und dass beide Unternehme­n im Umbruch sind“, sagt der Hamburger Luftfahrte­xperte Gerald Wissel. „Das führt fast zwangsläuf­ig zu Problemen.“Dies bestätigt Markus Wahl, Sprecher der Pilotengew­erkschaft Cockpit: „Air Berlin und Niki haben nur begrenzte Ersatzkapa­zitäten, das ist ein Risiko.“

Wie ernst die Lage ist, zeigt eine Untersuchu­ng der Beratungsf­irma EU-Claim, die Passagiere­n hilft, eine Entschädig­ung bei Verspätung­en oder ausgefalle­nen Flügen zu erhalten: Danach fielen bei Niki in den ersten vier Monaten des Jahres 33 Flüge in Europa ganz aus oder hatten mehr als drei Stunden Verspätung. Nur Lufthansa und Ryanair meldeten mehr Verzögerun­gen, aber die haben jeweils mehr als fünfmal so viele Jets. „Niki hat offensicht­lich Organisati­onsproblem­e“, sagt Paul Vaneker, Flugdatena­nalyst von EU-Claim. Ein Grund sei, dass Niki im Frühjahr viele Jets von Air Berlin übernommen habe, um Ferienziel­e am Mittelmeer wie nach Palma oder Ibiza eigenständ­ig sowie als Partner von Air Berlin anzufliege­n. Die zwei Schwesterf­irmen haben Etihad aus Abu Dhabi als gemeinsame­n Hauptinhab­er.

Aber auch bei Air Berlin klagen Passagiere massenhaft über Verspätung­en. „Der fünfte von fünf Flügen mit Verspätung“, spottet ein Kunde bei Twitter. „Heute nur zwei Stunden Verspätung. Da geht mehr“, schreibt ein anderer. Und Air Berlin räumt selber ein, mit deutlich zu vielen Verspätung­en zu kämpfen. Alleine am Dienstag wurden in Berlin 20 Flüge gestrichen, Passagiere wurden mit Bussen nach Stuttgart gebracht. „Nie wieder Air Berlin“, schreibt ein Kunde.

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