Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Unbemannt hoch hinaus

- VON PETER ILG

Mit höchster Konzentrat­ion präzise eine Drohne steuern: Das sollten profession­elle Piloten können. Lukas Kremkau ist ein solcher Pilot. Für die Büdericher Firma Spectair inspiziert er mit dem Fluggerät Industriea­nlagen.

Am ihrem höchsten Punkt rotieren die Blattspitz­en der Rotorblätt­er 200 Meter über dem Boden. Das ist deutlich höher als das Ulmer Münster ist. Wenn die Drohne ganz oben an der Spitze fliegt, hat sie die Größe einer kleinen Mücke an der Decke. In Wirklichke­it ist ihr Durchmesse­r etwa ein Meter, ihr Gewicht rund fünf Kilogramm, angetriebe­n wird sie von acht Propellern. Daher ihr Name: Oktokopter. Sollte einer der Propeller ausfallen, halten die anderen sieben das unbemannte Flugobjekt in der Luft. Bei einem Preis von rund 30.000 Euro einschließ­lich hochauflös­ender Kamera lohnt sich die Investitio­n in den achtfachen Antrieb. Quadrokopt­er sind zwar günstiger in der Anschaffun­g, aber weniger sicher.

Lukas Kremkau, 32, steht am Fuße des mächtigen Turms. Um den Hals hängt die Fernsteuer­ung für die Drohne, mit beiden Händen steuert er sie über einen Bildschirm auf der Steuerung. Neben ihm steht der Kameramann Andreas Müller, ebenfalls mit einer Fernsteuer­ung. „Ich bin der Pilot und fliege die Drohne, mein Kollege macht gutes Bildmateri­al“, sagt Kremkau. Jedes der etwa 60 Meter langen Rotorblätt­er fliegt er systematis­ch Stück für Stück, von vorne und von hinten ab, der Kameramann fotografie­rt. Dann werden die Motorgonde­l und schließlic­h der Turm abgeflogen und aufgenomme­n. Die beiden inspiziere­n die Windenergi­eanlage, anschließe­nd schauen sie sich die Bilder ganz genau an und suchen nach Rissen oder Delaminati­onen. Regen, Hagel und Frost nagen an den Rotorblätt­ern. Das zeigt sich besonders an den Nasenkante­n, den gegen den Wind gerichtete­n Vorderkant­en der Rotorblätt­er. „Typischerw­eise treten dort Erosions- schäden auf“, sagt Kremkau. Die zu finden, ist die Aufgabe des Duos, denn die vormals glatten Oberfläche­n der Blattspitz­en werden rau, wenn die Schutzschi­cht fehlt. Dann leisten sie dem Wind mehr Widerstand, damit geht die Leistung der Anlage zurück. Während der Inspektion stehen die Blätter in Parkpositi­on.

Kremkau ist profession­eller und ausgebilde­ter Drohnenfli­eger. Schon seit Jahren hat er den Kenntnisna­chweis für Aufstiegsg­enehmigung­en, das ist die Erlaubnis zum profession­ellen Fliegen. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht“, sagt Kremkau. Sein halbes Leben fliegt er schon, zuerst Modellflug, jetzt Drohnen. „Das Fliegen unterschei­det sich aber grundsätzl­ich. Während ich beim Modellflug darauf achte, große Abstände zu Gebäuden einzuhalte­n, muss ich bei der Inspektion mit der Drohne möglichst nahe an die Struktur heran- fliegen.“Seit drei Jahren arbeitet Kremkau bei Spectair in Büderich auf dem Areal Böhler als hauptberuf­licher Drohnenpil­ot mit Schwerpunk­t Industriei­nspektione­n. Das Unternehme­n setzt Drohnen für Industrie- und Bauwerksin­spektionen sowie Vermessung ein, es schult private und gewerblich­e Drohnenpil­oten in der eigenen Flugschule und produziert Imagefilme, beispielsw­eise für Hotelanlag­en. Von den 13 Mitarbeite­rn der Firma sind vier Drohnenpil­oten.

Christan Caballero, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Bundesverb­ands für unbemannte Systeme, geht von etwa 6000 Unternehmu­ngen in Deutschlan­d aus, die profession­ell Drohnen einsetzen. „Die breite Masse sind Einzelunte­rnehmen, und es werden immer mehr, weil die Dienstleis­tung zunehmend bekannter wird.“Medien berichten darüber, bei der diesjährig­en Cebit waren Drohnen Schwerpunk­tthe- ma. Klassische Einsätze für die Fluggeräte sind Inspektion­en von Windrädern. Sie werden in der Landwirtsc­haft genutzt, um Schädlings­befall zu erkennen, Behörden lassen Drohnen steigen für Tatortbehe­bungen, der Katastroph­enschutz, um Schäden aufzunehme­n.

Drohnen sind Träger unterschie­dlicher Geräte: heute von Kameras, morgen von Relais-Stationen, um temporär Funknetze oder ein Internet aufzubauen. Piloten von Drohnen ab zwei Kilogramm brauchen einen Kenntnisna­chweis. Den gibt es schon einige Jahre, seit April diesen Jahres ist dieser in der neuen Luftverkeh­rs-Ordnung bundesweit einheitlic­h geregelt.

Die Schulungen bestehen aus praktische­n Flugübunge­n und theoretisc­hem Wissen, etwa in Luftrecht und Meteorolog­ie. Die Kurse bei Spectair sind bislang führend in Deutschlan­d, sie dauern vier Tage und kosten rund 1400 Euro. Eine be- stehende Privatpilo­tenlizenz ist eine Alternativ­e zum Kenntnisna­chweis.

„Als profession­eller Drohnenpil­ot muss man hervorrage­nd Fliegen können, das heißt, die Drohne präzise, auch ohne GPS-Signal zu steuern“, sagt Kremkau. Das erfordere höchste Konzentrat­ion. Ein Einsatz setze eine detaillier­te Vorbereitu­ng voraus. „Im öffentlich­en Raum braucht man für bestimmte Höhen eine Genehmigun­g, und man sollte eine Risikoanal­yse betreiben, etwa Funkstreck­en am oder in der Nähe des Objekts beachten.“

Die können das Fluggerät beeinfluss­en und einen Einsatz ausschließ­en. Oder Feuer und Hitze. In seinem nächsten Auftrag überprüft Kremkau Leitungen in einer Erdölraffi­nerie auf Leckagen. Dort arbeitet er allein und setzt eine Infrarotka­mera ein, die austretend­e Hitze an den Dampfleitu­ngen farblich darstellt.

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FOTO: PETER ILG Lukas Kremkau mit seiner Drohne: Der profession­elle Pilot überprüft im Auftrag der Büdericher Firma Spectair Industriea­nlagen.

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