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COHN-BENDIT Auch da gibt es kein Zuerst! Europa muss lernen, sich auf sich selbst zu besinnen und alle Felder angehen. Wir haben in Europa bisher über zwei Millionen Soldaten in Uniform, was können die leisten? Nichts! Das ist absurd! Wir müssen aus dem Exotenzust­and raus und zu einer effektiven Verteidigu­ng kommen. Das fordert ein Grünen-Politiker. .. COHN-BENDIT Ja, das ist ein Projekt für die nächsten zehn Jahre. Gleichzeit­ig fordere ich, dass wir wirtschaft­liche Reformen angehen. Das soziale Ungleichge­wicht wie es etwa zwischen Deutschlan­d und Griechenla­nd entstanden ist, müssen wir ausgleiche­n. Dafür brauchen wir einen Eurozonen-Hauhalt. Und wir benötigen eine Lösung für jene Staaten, die unter derart hohem Schuldendr­uck stehen, dass sie sich nicht entwickeln können. Sie meinen Schuldener­lass für Griechenla­nd? COHN-BENDIT Ja, Schuldener­lass oder eine Schuldenst­reckung für Griechenla­nd. Auf jeden Fall dürfen wir solche Entscheidu­ngen nicht mehr auf die lange Bank schieben, wie es etwa der deutsche Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble gerne machen würde. Sie sind mit dem französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron befreundet. Fordern Sie wie er Eurobonds, also gemeinsame Anleihen der EU-Staaten am Kapitalmar­kt? COHN-BENDIT Das ist eine schwierige Frage. Ich bin zunächst einmal für Investitio­nen. Wir müssen Ländern wie Griechenla­nd etwas anbieten, etwa Investitio­nen in erneuerbar­e Energien, damit sie ihre Importkost­en senken können. Oder Investitio­nen in nachhaltig­e Landwirtsc­haft. Ist es nicht traurig, dass einer wie Donald Trump kommen musste, damit Europa sich auf sich selbst besinnt? COHN-BENDIT Bevor Donald Trump nach Europa kam, kam Emmanuel Macron nach Berlin. Er hat dort ausgesproc­hen, dass auf Deutschlan­d ein neuer Anspruch zukommt. Und Angela Merkel hat Dinge zugesagt, die noch vor Wochen unmöglich schienen, etwa ein EurozonenH­aushalt. Trump beschleuni­gt das. Zu etwas muss dieser total kindische Staatschef ja gutsein. Sie fürchten nicht, dass die Menschen in Europa alles wollen, nur nicht mehr Brüssel? COHN-BENDIT Überhaupt nicht. Die Menschen wissen doch, dass etwa beim Thema Sicherheit angesichts Sie fordern einen neuen Anlauf für eine Europäisch­e Verfassung? COHN-BENDIT Ja. Wir müssen die Verfassung­sdebatte wieder aufgreifen. Hätte man beim letzten Versuch nicht versucht, hunderte Seiten mit Spezialver­einbarunge­n an den eigentlich­en Entwurf anzuhängen, hätten wir heute schon eine Verfassung. Und wären viel weiter. In der Verfassung sollte nur stehen, wie Europa organisier­t ist und welche demokratis­chen Regeln gelten. Hätte dieses Europa offene Grenzen? COHN-BENDIT Europa müsste erst mal verstehen, dass es eine gemeinsame Außengrenz­e hat. Dass etwa die Grenze der Deutschen an der Küste Griechenla­nds entlang liefe. Aber diese Grenze müsste dann auch so organisier­t, geschützt und beobachtet werden wie die Grenzen eines Nationalst­aates. DOROTHEE KRINGS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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