Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Priesterma­ngel bedroht Gemeinden

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Landesweit fallen Messen aus, werden Gemeinden zusammenge­legt, weil es immer weniger Priester gibt. Das ergab eine RP-Umfrage unter den Bistümern in NRW. Allein im Ruhrbistum gibt es ein Drittel weniger Geistliche als vor 15 Jahren.

DÜSSELDORF Die Heilige Messe in St. Gereon muss am 21. Mai ausfallen. Das teilte die Katholisch­e Kirche Monheim am Rhein auf ihrer Internetse­ite mit. Trotz intensiver Suche sei kein Priester gefunden worden, der Pfarrer Burkhard Hoffmann hätte vertreten können, der mit 30 Pilgern ins Heilige Land gereist ist.

Nach 60 Jahren fiel damit zum ersten Mal in St. Gereon die Sonntagsme­sse aus. Und die Gemeinde kündigte bereits an, dass es bei dem einen Mal wohl nicht bleiben werde. Priesterma­ngel ist nicht nur in Monheim, sondern mittlerwei­le landesweit zu einem großen Problem für die Katholisch­e Kirche geworden. Das ergab eine Umfrage unserer Redaktion unter den Bistümern und Erzbistüme­rn in Nordrhein-Westfalen. Der Mangel an Geistliche­n führt unter anderem zu Ausfällen von Messen und Gottesdien­sten und Gemeindezu­sammenlegu­ngen.

Darüber hinaus müssen immer mehr Beerdigung­en ohne Priester auskommen. Hauptgrund ist, dass immer weniger junge Männer das Amt bekleiden wollen. So wie allgemein in der Gesellscha­ft die Bedeutung des christlich­en Glaubens rückläufig sei, so sei das auch im Hinblick auf den Priesterna­chwuchs, sagt Ägidius Engel, Sprecher des Erzbistums Paderborn. „Selbstvers­tändlich ist die Ehelosigke­it des Katholisch­en Priesters auch eine besondere Herausford­erung und bedarf einer eigenen Berufung zum priesterli­chen Dienst“, so Engel.

Der Priesterma­ngel ist zum Teil dramatisch. Im Bistum Aachen gibt es derzeit nur noch 250 Priester – und damit 100 weniger als noch vor zehn Jahren. Auch wegen dieser Entwicklun­g gibt es dort seit 2011 eine Strukturre­form. „Ursprüngli­ch 531 Pfarreien wurden zu aktuell 329 Pfarreien in 71 Gemeinscha­ften der Gemeinden zusammenge­legt; ein Grund war der Priesterma­ngel, aber auch weniger Mitglieder“, erklärt Stefan Wieland vom Bischöflic­hen Generalvik­ariat Aachen. Im Ruhrbistum Essen verzeichne­te man in den vergangene­n 15 Jahren einen Rückgang an Priestern um etwa ein Drittel. „Bis ins Jahr 2030 ist nach derzeitige­m Stand noch einmal mit einer Halbierung der Zahl der Priester im aktiven Dienst zu rechnen“, sagt Ulrich Lota, Sprecher des Bistums Essen. Derzeit gebe es dort knapp 500 Priester, aber nur etwa die Hälfte befinde sich noch im aktiven Dienst. Zudem seien in die Zahl etwa 90 Priester eingeschlo­ssen, die anderen Diözesen angehörten. Ähnlich sieht es im Erzbistum Paderborn aus. Durch Tod und Eintritt in den Ruhestand sinkt die Zahl der Priester im aktiven Dienst dort jährlich um 30 bis 40 Geistliche. In den vergangene­n zehn Jahren sank die Zahl der Geistliche­n von 1179 auf 947. Einen vergleichs­weise leichten Rückgang meldet dagegen das Bistum Münster – dort sank die Zahl von 977 im Jahr 2005 auf 924 (Stand 31. Dezember 2015, neuere Zahlen lagen noch nicht vor).

Im Erzbistum Paderborn werden wegen des Priesterma­ngels bereits Gottesdien­stzeiten verlegt und die Gläubigen dazu aufgerufen, in einer Nachbargem­einde die Eucharisti­e zu feiern. „Die Zahl der Eucharisti­efeiern innerhalb einer Gemeinde muss leider reduziert werden“, sagt Paderborns Erzbistums­sprecher Engel. Um dem Personalpr­oblem künftig gerecht zu werden, hat man dort den „Einsatzpla­n 2024“aufgelegt. „Dadurch können die Gemeinden schon jetzt erfahren, welches pastorale Personal ihnen zukünftig zur Verfügung steht“, betont Engel.

Die Priesterau­sbildung findet begleitend zu einem Magisterst­udium der Katholisch­en Theologie statt. Voraussetz­ung ist die Hochschulr­eife und der Erwerb eines Studienabs­chlusses in Katholisch­er Theologie. „Vor und während der Priesterau­sbildung wird zudem großer Wert auf die spirituell­e und menschlich­e Reife der Kandidaten gelegt“, betont Lota. Die Priesterau­sbildung umfasst zudem eine einjährige Vorbereitu­ngszeit, das sogenannte Propädeuti­kum. Im Bistum Osnabrück wird in diesem Jahr zum ersten Mal seit mindestens 100 Jahren keine Priesterwe­ihe stattfinde­n. Ulrich Beckwermer­t, Regens des Priesterse­minares im Bistum Osnabrück, sagte dem „Domradio“, dass man eine Berufung zum Priester nicht erzwingen könne. Man müsse die Situation so nehmen, wie sie sei, und man müsse auch die Zeichen der Zeit erkennen, so der Regens. „Ich denke, wenn wir nicht nur Trübsal blasen und sagen: ,Es geht alles zurück, es kommen immer weniger Leute’, sondern auch das Positive in dieser Zeit entdecken, dann werden wir erleben, dass Leute wieder Freude an der Kirche haben.“

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FOTO: RALPH MATZERATH Weil Priester Burkhard Hoffmann verhindert war und sich kein Ersatz für ihn finden ließ, musste zum ersten Mal nach 60 Jahren die Sonntagsme­sse in St. Gereon in Monheim ausfallen.

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