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DÜSSELDORF Manfred Knof ist Deutschlan­d-Chef der Allianz. Regelmäßig ist er auch in NRW – und nutzte die Gelegenhei­t, unsere Redaktion zu besuchen. Herr Knof, der Bundestag hat eine Erhöhung der Grundzulag­e für die Riester-Rente von 154 auf 175 Euro im Jahr beschlosse­n. Jubilieren Sie? KNOF Nein, aber wir sehen es als starkes Signal, dass der Gesetzgebe­r die Altersvors­orge stärker fördern will. Man muss die Möglichkei­ten verbessern. Was die Deutschen derzeit im Schnitt für die Altersvors­orge sparen, reicht nicht aus, um im Alter gut davon leben zu können. Wie viel wäre das? KNOF Man braucht als Rentner idealerwei­se 60 bis 80 Prozent seines letzten Nettoeinko­mmens. Derzeit verfügen die Bundesbürg­er aber nur über 35 bis 40 Prozent. Können sie nicht mehr sparen, oder wollen sie nicht? KNOF In der Tat hatten viele in den vergangene­n Jahren einen geringen Nettolohnz­uwachs. Bei den niedrigen Zinsen warten viele ab, anstatt ihr Erspartes in Altersvors­orge zu investiere­n. Manche schöpfen auch die staatliche­n Zulagen für RiesterVer­träge überhaupt nicht aus. Dieses Zulagenver­fahren ist sehr komplizier­t. Viele haben diesen Prozess einfach gescheut. Dafür haben wir jetzt beispielsw­eise einen digitalen Zulagenrec­hner fürs Smartphone entwickelt. Womit wir beim Thema Digitalisi­erung wären. Wie viel Geld nehmen Sie dafür in die Hand? KNOF 2016 haben wir rund 155 Millionen Euro investiert. Dieser Betrag wird sich in den nächsten Jahren nicht einschneid­end verändern. Man muss die Projekte erstmal umsetzen, neue Technik implementi­eren. Das ist der tiefgreife­ndste Wandel, den die Branche erlebt, weil das Smartphone das Instrument ist, das das Leben der Menschen einfacher macht. Das Ziel ist, dass der Kunde alle Versicheru­ngsprodukt­e auf dem Smartphone bedienen kann. Solch ein tiefgreife­nder Wandel setzt auch Kulturwand­el im Unternehme­n voraus. Gibt es da Probleme? KNOF Keine Frage, das ist eine Veränderun­g der Firmenkult­ur, aber die Notwendigk­eit der Veränderun­g bestreitet ja niemand ernsthaft. Da kommt es uns entgegen, dass so gut wie jeder privat ein Smartphone nutzt. Da ist es logisch, dass das dann auch Einzug in den berufliche­n Alltag gehalten hat. Welche Rolle spielen beim digitalen Wandel die Insurtechs? KNOF Natürlich arbeiten wir auch mit Start-ups zusammen, an verschiede­nen Stellen. Grundvorau­ssetzung: Innovation und Digitalisi­erung müssen unseren 20 Millionen Kunden etwas bringen. Das ist ein Geben und Nehmen. Die Insurtechs haben beispielsw­eise keine eigenen Kundenbest­ände und sind daher sehr an einer Kooperatio­n mit uns interessie­rt. Ein Beispiel dafür ist unsere Zusammenar­beit mit der Gebrauchtw­agenPlattf­orm Instamotio­n. Zum Thema Digitalisi­erung gehört auch die gemeinsame Online-Login Plattform mit der Deutschen Bank, Daimler und Springer. Was verspreche­n Sie sich davon? Wie weit sind Sie? KNOF Wir haben die Absichtser­klärung unterschri­eben und stellen die Arbeitsgru­ppen zusammen. Außerdem muss das Projekt noch von den Wettbewerb­sbehörden genehmigt werden. Was wir uns davon verspreche­n? So ein Generalsch­lüssel, mit dem man auf alles zugreifen könnte (Bankproduk­te, Versicheru­ngen, Mobilitäts­dienstleis­tungen und vieles mehr), wäre doch ein Riesenfort­schritt auf der Kundenseit­e. . . . . . und ein europäisch­es Gegengewic­ht zu Facebook, Google und Co. ? KNOF Wie gesagt, das Ganze soll eine technologi­sch einfache und vor allem sichere Lösung für den Kunden sein. Aber es stimmt: Man muss den Firmen aus dem Silicon Valley nicht alles überlassen. Wann könnte das Projekt starten? KNOF Ziel ist, spätestens in der zweiten Jahreshälf­te 2018 mit ersten Funktionen an den Markt zu gehen. Nochmal: Wichtig ist bei dem Ver- fahren die technologi­sche Sicherheit. Der Kunde muss darauf vertrauen können, dass es funktionie­rt. Noch mal zurück zu Riester. Kaufen die Menschen überhaupt noch Riester-Versicheru­ngen in großem Stil? KNOF Im ersten Quartal haben wir etwa 9000 Riester-Policen verkauft, 2000 weniger als im Vorjahr, was uns nicht überrascht. Aber das neue Gesetz könnte uns einen Schub geben. Und Lebensvers­icherungen? KNOF Da heben wir uns bereits deutlich vom Gesamtmark­t ab. Während die Branche im Schnitt im letzten Jahr verloren hat, ist das gesamte Geschäft bei uns stark gewachsen, und im ersten Quartal noch einmal um 20 Prozent. Der Wachstumsm­otor Altersvors­orge läuft . . . . . . . aber bestimmt nicht dank der Produkte mit einer Garantieve­rzinsung KNOF Richtig. Wir haben solche Produkte noch im Regal, aber der Kunde kauft sie so gut wie nicht mehr. In der privaten Altersvors­orge ist der Anteil der klassische­n Rentenvers­icherung auf unter zehn Prozent gesunken, in der betrieblic­hen Altersvors­orge auf unter 25 Prozent. Die Kunden wissen, dass mit den neuen Produkten die Renditemög­lichkeiten deutlich besser sind. Woher kommt das? KNOF Wir investiere­n beispielsw­eise in Infrastruk­turprojekt­e, da liegt die Rendite im Schnitt um vier oder mehr Prozentpun­kte über der Rendite auf festverzin­sliche Anlagen. Europas Versichere­r haben gerade offenlegen müssen, wie finanzstar­k und krisenfest sie sind. Liest man die Zahlen, könnte man glauben, alles sei gut. Aber es gibt große Zweifel, ob das Verfahren taugt. KNOF Es gibt unterschie­dliche Modelle, interne und Standardmo­delle, es spielt beispielsw­eise eine Rolle, welche Lebensvers­icherung man verkauft, ob Risiko- oder Fondspolic­en. Das ist für Kunden und Investoren schwer zu beurteilen, weil es nicht wirklich transparen­t ist. Da ist noch viel Verbesseru­ngspotenzi­al. Fühlen Sie sich selbst gut gerüstet? KNOF Wir müssen uns keine Sorgen machen. Nach derzeitige­m Stand wären wir in der Lage, in den nächsten 60 Jahren alle Anforderun­gen zu erfüllen, selbst wenn wir für Neuanlagen keine Zinsen mehr erhielten. Könnten Sie sich vorstellen, Versicheru­ngsbeständ­e für andere abzuwickel­n? KNOF Wenn sich das als attraktive­s Geschäftsm­odell erweisen sollte, würde ich das nicht ausschließ­en. Cyberversi­cherungen sind groß im Gespräch. Ein Geschäft der Zukunft? KNOF Man muss einräumen, dass die Bedrohungs­lage gestiegen ist, sowohl für unsere eigenen Datenbestä­nde als auch für die unserer Firmenkund­en oder öffentlich­er Einrichtun­gen. Der Verkauf von Cyberversi­cherungen steht erst ganz am Anfang. Und zunächst war das wohl ein Thema für Großkunden. Aber es kann jeden berühren, dessen Geschäftsm­odell auf dem vertraulic­hen Umgang mit Daten fußt – Anwaltskan­zleien, Notare, Arztpraxen.

GEORG WINTERS STELLTE DIE FRAGEN

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FOTO: ANDREAS KREBS

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