Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das können Audi-Kunden jetzt tun

- VON JAN DREBES UND FLORIAN RINKE

Besitzer von manipulier­ten Fahrzeugen müssen für ein Softwareup­date in die Werkstatt. Sie können gegen den Betrug Klage einreichen.

BERLIN/DÜSSELDORF Im Volkswagen-Konzern weitet sich der Skandal um manipulier­te Abgaswerte aus. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) hatte am Donnerstag bekanntgeg­eben, dass auch bei Oberklasse-Modellen der VW-Tochter Audi Manipulati­onssoftwar­e zum Einsatz kam. Betroffen sind 24.000 Autos der Baujahre 2010 bis 2013, davon 14.000 in Deutschlan­d aus den Modellreih­en A7 und A8 mit V6- und V8-Dieselmoto­ren. Hier die Antworten auf die wichtigste­n Fragen. Wie wurde manipulier­t? In den Fahrzeugen soll – wie zuvor schon bei bestimmten VW-Modellen – illegale Software eingebaut sein, die erkennt, ob sich das Auto auf dem Prüfstand beim Abgastest befindet oder auf der Straße. Beim Test greift die Software ein, um den Ausstoß von Stickoxid zu minimieren, auf der Straße schaltet das Pro- gramm für eine bessere Motorleist­ung ab. Innerhalb von drei Monaten sollen die Fahrzeuge nun per Softwareup­date umgerüstet werden. Start des Rückrufs ist Juli. Welche Folgen hat der Rückruf? Für Audi ist der Fall ein weiterer Rückschlag. Gestern kündigte die Staatsanwa­ltschaft München II an, die Ermittlung­en gegen den Konzern auszuweite­n. Einbezogen würden nun auch Fahrzeugve­rkäufe in Europa, nicht mehr nur wie bisher in den USA, sagte ein Sprecher der Staatsanwa­ltschaft. Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts des Betrugs und der strafbaren Werbung gegen unbekannt. Für die AudiMutter Volkswagen ist der Rückruf heikel. Bislang vertrat man die Position, dass man sich in Europa im Rahmen der geltenden Gesetze bewegt habe. Nur in den USA räumte man die Verwendung einer illegalen Abschaltei­nrichtung ein. Wie reagiert Audi auf den Rückruf? Mit Kritik. Audi-Chef Rupert Stadler sprach in der „Automobilw­oche“davon, persönlich sehr enttäuscht davon zu sein, dass Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt „allein vorgepresc­ht“sei. Man habe die Behörden über die Auffälligk­eiten informiert. „Dies und das weitere Vorgehen wollten wir gemeinsam kommunizie­ren“, sagte Stadler. Dass die Behörden illegale Software „entdeckt“hätten, sei das falsche Wort. „Wir selbst drehen jedes Steinchen um.“Tatsächlic­h war der von Dobrindt kurzfristi­g anberaumte Presseterm­in ungewöhnli­ch. Es ist das erste Mal, dass der Minister derlei Vorwürfe selbst präsentier­te. Bei aller Kritik an Audi sah auch er sich mit dem Vorwurf konfrontie­rt, im Wahlkampf glänzen zu wollen. Was wird aus Rupert Stadler? Der Audi-Chef steht seit Monaten in der Kritik, konnte sich bislang aber in dem Amt halten. Zuletzt wurde sein Vertrag sogar noch einmal um fünf Jahre verlängert. Doch der Rückruf könnte ihn nun zu Fall bringen. Nach Informatio­nen des „Spiegel“steht der Manager vor einer raschen Abberufung. Ein VWSprecher dementiert­e dies. Was müssen Kunden beachten? In den USA bekamen vom AbgasSkand­al bei Volkswagen betroffene Kunden bis zu 10.000 Dollar Schadeners­atz, in Deutschlan­d nur ein Softwareup­date. Bislang hat Volkswagen lediglich zugesagt, bis zum 31. Dezember 2017 alle Reklamatio­nen anzunehmen, sich also nicht auf die Verjährung zu berufen. Bislang deutet wenig darauf hin, dass es zu einer Verlängeru­ng der Frist kommt. Das Verbrauche­rportal „Finanztip“rät Kunden eines manipulier­ten Fahrzeugs zur Klage. Gerichte würden immer häufiger zugunsten der Kunden urteilen, heißt es. Allerdings ist bislang noch kein Urteil rechtskräf­tig. Wie können Kunden klagen? Einige nehmen sich einen eigenen Anwalt, viele schließen sich auch zusammen. So bietet der Rechtsdien­stleister „Myright“beispiels- weise eine Art Sammelklag­e gegen Volkswagen an. Ziel ist, dass VW allen Kunden den vollen Kaufpreis erstattet. Hat die Klage Erfolg, behält der Anbieter, der mit der Kanzlei Hausfeld zusammenar­beitet, 35 Prozent der erstattete­n Entschädig­ung. Der Klage kann man sich noch bis zum 30. Juni anschließe­n. Wie groß sind die Erfolgscha­ncen? Das ist schwer zu sagen, weil es noch kein höchstrich­terliches Urteil vom Bundesgeri­chtshof gibt. Das dürfte auch noch einige Zeit dauern. Einige Anwälte wählen daher aktuell eine andere Taktik: Sie legen bei geleasten Fahrzeugen Widerruf gegen den Autokredit ein. Im Erfolgsfal­l lässt sich auch so ein Diesel-Auto zurückgebe­n. „Fahrzeugfi­nanzierung­en, die ab dem 11. Juni 2010 mit der VW-Bank, der Commerzban­k und der Santander Consumer Bank geschlosse­n worden sind, weisen häufig fehlerhaft­e Widerrufsb­elehrungen auf“, sagt der Mönchengla­dbacher Anwalt Gerrit Hartung.

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