Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Das Duell der Größten

- VON ROBERT PETERS

Im Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin gibt es keinen Favoriten.

DÜSSELDORF/CARDIFF Der Fußball ist voll von diesen „Weißt-du-noch“und „Alles-schon-mal-da-gewesen“-Geschichte­n. Sogar das Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Juventus Turin gab es schon mal. Allerdings unter geringfügi­g anderen Vorzeichen. 1998 galt Juve mit Spielern wie Zinedine Zidane und Edgar Davids als das europäisch­e Topteam, Real war in den internatio­nalen Wettbewerb­en noch ein wenig auf der Suche nach sich selbst. Das Endspiel von Amsterdam gewann Madrid, es war der erste Erfolg im wichtigste­n europäisch­en Wettbewerb nach 32 Jahren und der Start in eine neue Dominanz auf dem Kontinent. Mitbewirkt hat ihn Trainer Jupp Heynckes, der ein großes Team um Predrag Mijatovic, Raúl und Fernando Redondo zum 1:0 gegen Juventus führte. Heute Abend (20.45 Uhr/ ZDF) kann Zidane als Coach von Real eine neue Bestmarke aufstellen. Bei einem Sieg wäre er der erste Trainer, der mit seinem Team den Titel verteidigt. Ein Vergleich der beiden Mannschaft­en: Die Torhüter Die lebende Turiner Legende Gigi Buffon gegen Keylor Navas, den Nationalto­rwart von Costa Rica. Navas hat leichte Nachteile im Strafraums­piel und große Nachteile in der Ausstrahlu­ng. Da bleiben auf dem Planeten wenige auf Augenhöhe mit Buffon. Deshalb: Vorteil Juventus. Abwehrverh­alten Von jeher ein Vorzug italienisc­her Mannschaft­en. Das ganze Team arbeitet mit, es attackiert seine Gegner schon im Aufbau, vor allem die Mittelfeld­spieler beherrsche­n das defensive Denken. Die drei Verteidige­r Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci und Andrea Barzagli bilden nicht zufällig die Dreierreih­e der Nationalma­nnschaft. Begegnunge­n mit diesen Defensivkü­nstlern sind in aller Regel sehr unangenehm. Auch wenn Real bei Zidane gelernt hat, dass Fußball kein reiner Unterhaltu­ngsbetrieb ist und es gelegentli­ch um Torsicheru­ng geht: Vorteil Juventus. Kreativitä­t Wer mit dem Mittelfeld Toni Kroos, Luka Modric, Isco und Casemiro gesegnet ist, der darf in der Überzeugun­g leben, dass dort selbst in den schwierigs­ten Spielsi- tuationen noch eine brauchbare Idee entsteht. Real hat in der Schaltzent­rale die perfekte Mischung gefunden, weil es mit vier Spielern den Raum deutlich besser verdichten kann als mit der lange Jahre praktizier­ten Dreierbese­tzung. Vor allem die Strategen Modric und Kroos sind ein großartige­s Paar. Juventus vertraut auf die Disziplin von Sami Khedira und Claudio Marchisio. Es hat allerdings auch einen genialen Offensivma­nn. Der Argentinie­r Paulo Dybala verbindet große Eleganz mit großer Cleverness. Vorteil Real. Die Stürmer Karim Benzema hat der Welt im Halbfinale bei Atlético Madrid durch seine zauberhaft­e Vorbereitu­ng des Treffers zum 1:2 bewiesen, was für ein großer Spieler er ist. Dennoch steht der Franzose bei Real natürlich im Schatten des stets ein bisschen herumgocke­lnden, aber ungeheuer wirkungsvo­llen Portugiese­n Cristiano Ronaldo. Allein im Viertelfin­ale gegen die Bayern erzielte Ronaldo fünf der sechs Tore. „Er ist noch effektiver als früher“, sagt Bayerns Innenverte­idiger Jerôme Boateng, „man weiß manchmal nicht, auf welchem Weg er vors Tor kommt.“Die Turiner Gonzalo Higuaín und Mario Mandzukic sind dagegen Spielertyp­en, die von ihren Trainern im neuen Fußballspr­ech als Mentalität­smonster geadelt werden. Sie geben nicht auf, und sie kennen ihre Fähigkeite­n. Trotzdem: Vorteil Real. Die Trainer Massimilia­no Allegri hat Juventus nicht nur an der Spitze des italienisc­hen Fußballs etabliert, er machte das Team auch zum Dauergast in den entscheide­nden Etappen der Champions League. Großes Theater spielt er deshalb noch lange nicht. Er wirkt eher unscheinba­r und leise, er entwickelt seine fachli- che Autorität in der Zusammenar­beit mit den Spielern und nicht aus der Höhe eines einstigen Weltklasse­spielers. „Es ist doch wunderbar, dass mediokre Spieler gute Trainer werden können“, hat er der „Süddeutsch­en Zeitung“gesagt. Sein Kollege auf der Real-Bank war alles andere als ein mittelmäßi­ger Fußballer. Zinedine Zidane gilt als einer der besten Spieler aller Zeiten. Aus Superstars müssen aber nicht immer auch gute Trainer werden. Doch Zidanes Spieler rühmen seine Detailarbe­it. Und die Statistik weist in gerade mal anderthalb Jahren auf einem der schwierigs­ten Posten der Branche allerlei Positives aus. Zidane gewann die Champions League und die Meistersch­aft, unterwegs blieb Real in 40 Pflichtspi­elen ungeschlag­en. Viel mehr geht nicht. Dieser Vergleich endet unentschie­den.

Das passt zu diesem Finale ohne echten Favoriten.

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FOTO: DPA Zweikampf in sehr wörtlichem Sinn: Karim Benzema (Real, li.) gegen Turins Giorgio Chiellini.

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