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Suche nach einer neuen Heimat

- FOTO: ARTE

In einer vierteilig­en Dokumentat­ion beleuchtet Arte die europäisch­e Emigration nach Amerika.

BERLIN (dpa) Migration ist mediales Dauerthema in Zeiten, in denen mehr und mehr Zuwanderer und Asylsuchen­de in Deutschlan­d und anderen Ländern Europas leben. Der deutsch-französisc­he Kultursend­er Arte lenkt den Blick auf eine andere Epoche, in der sich Menschen aus Angst vor politische­r Unterdrück­ung oder wirtschaft­lichem Elend noch viel weiter nach Westen aufmachten: Zwischen 1840 und 1939 sind 55 Millionen Europäer nach Amerika ausgewande­rt – hauptsächl­ich in die Vereinigte­n Staaten. Über die politisch-wirtschaft­lichen Hintergrün­de und die Erfahrunge­n der Männer und Frauen, die damals ihre Heimat verlassen haben, erzählt Kai Christians­en in seiner vierteilig­en Dokumentat­ion „Der Traum von der Neuen Welt“.

Anhand von Tagebücher­n und Briefen der Auswandere­r sowie mithilfe von Fotos, Filmaufnah­men, Expertenme­inungen und Spielszene­n zeichnet der Regisseur ein facettenre­iches Bild von der Auswanderu­ng damals. Zu den ersten, die Europa nach einer Hungerkata­strophe aufgrund grassieren­der Kartoffelf­äule in ihrem Land in größerem Umfang verließen, gehörten die Iren.

Bald folgten Deutsche, darunter besonders viele Hessen, aus Unzufriede­nheit mit ihrer Ständegese­llschaft, die einen sozialen Aufstieg erschwerte. Arme schwedisch­e Landarbeit­er sowie um 1900 Südeuropäe­r und von Pogromen verfolgte Juden aus Russland und Polen waren weitere wichtige frühe Auswandere­rgruppen.

Im Mittelpunk­t des ersten DokuTeils steht ein Promi – der Deutsche Carl Schurz (1829-1906). Der brachte es vom 1848-er Revolution­är in seiner Heimat zum General und Innenminis­ter in den USA. Später wurde er in New York Statthalte­r der Reederei Hapag, die Auswandere­r ab Hamburg über den Atlantik in die Staaten transporti­erte.

Weniger bekannt ist seine Frau Margarethe Meyer-Schurz (1833- 1876), die 1856 in Watertown (Wisconsin) den ersten Kindergart­en der USA gegründet hat. Spannend sind aber auch Beispiele von Auswandere­rn, deren Namen niemand kennt, etwa das einer irischen Köchin oder jener jungen Mädchen, die gegen Geld in Saloons mit Männern tanzten. Eine zweischnei­dige Sache, denn um ihren Ruf stand es nicht zum Besten, aber manchmal wurden sie dadurch wirtschaft­lich unabhängig.

Dass die USA sich als Einwanderu­ngsland verstanden, belegt der Homestead Act, ein 1862 von Präsident Abraham Lincoln unterzeich­netes Gesetz, das Landerwerb erleichter­te. Planvoll warb die Regierung damit um Siedler im Staatengeb­iet mit seinen fruchtbare­n Ackerböden und endlosen Möglichkei­ten in Ökonomie und Industrie.

Was die Dokumentat­ion aber auch nicht verhehlt, sind die bis heute drängenden Aspekte des Rassismus und der Ausgrenzun­g. Die betrafen nicht nur die in Nordamerik­a lebenden Indianer und die lange als Sklaven gehaltenen Schwarzen. Ausgrenzun­g begann bereits bei Vorbehalte­n der in der Hierarchie ganz oben angesiedel­ten weißen Protestant­en gegenüber Katholiken. Und über Italiener wurde sogar gestritten, ob sie überhaupt als „weiß“gelten dürften. „Der Traum von der Neuen Welt“, Arte, Sa., 20.15 Uhr

 ??  ?? Auswandere­r Carl Schurz (Fabian Busch) und seine Frau Margarethe (Isabelle Barth) kümmern sich in Wisconsin um ein krankes Mädchen.
Auswandere­r Carl Schurz (Fabian Busch) und seine Frau Margarethe (Isabelle Barth) kümmern sich in Wisconsin um ein krankes Mädchen.

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